Während der Fußballweltmeisterschaft kam es zu rassistischen und völkischen Vorfällen

Festival der Regression

Aus sportlicher Sicht bleibt von der Fußballweltmeisterschaft 2018 wenig Erinnerungswürdiges. Umso unangenehmer waren viele völkische und rassistische Vorfälle am Rande der Spiele.

Was bleibt von der Fußballweltmeisterschaft der Männer? Die zuvor ­befürchteten Prügelorgien russischer Hooligans fanden jedenfalls nicht statt, das autokratische Gebaren von Russlands Präsident Wladimir Putin scheint erfolgreich gewesen zu sein – jedenfalls gab es viel Lob aus aller Welt für die Gastgeber, Fifa-Präsident Gianni Infantino sprach von der »besten WM aller Zeiten«. In sportlicher Hinsicht stellte der Weltmeistertitel Frankreichs keine Überraschung dar.

Hierzulande wird aber vor allem als Super-Gau in Erinnerung bleiben, dass »die Mannschaft« als amtierender Weltmeister bereits nach der Vorrunde draußen war. Nach nur drei Spielen mussten von Flensburg bis Freiburg und von Passau bis ­Palma de Mallorca die Schland-Fähnchen wieder eingepackt werden.

Bereits vor der WM hatten sich völkische Beobachter die Schuldigen für das Eintreten dieses Worst-Case-Szenarios ausgeguckt. Mesut Özil und İlkay Gündoğan, die langjährigen Nationalspieler mit türkischem Familienhintergrund waren es. Die beiden hatten Anfang Mai mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan für ein Foto posiert, Gündo­ğan hatte ihn dabei als »mein Präsident« bezeichnet. Anstelle der Kritik an der gemeinsamen Inszenierung mit dem despotischen Staatsoberhaupt brach sich vielerorts in erster Linie das rassistische Ressentiment Bahn. Bernd Holzhauer, mittlerweile von seinem Amt zurückgetretenes sozialdemokratisches Stadtratsmitglied im hessischen Bebra kommentierte die Zusammenstellung des deutschen WM-Kaders mit den Worten: »25 Deutsche und zwei Ziegenficker«.

Beim Vorbereitungsspiel gegen Saudi-Arabien in Leverkusen am 8. Juni wurde Gündoğan nach seiner Einwechslung permanent vom Publikum ausgepfiffen. Unbekannte hatten am Tag zuvor bereits sein Auto demoliert.

Zu den Feierlichkeiten in Zagreb im Anschluss an das Finale fand sich der Thompson-Sänger Marko Perković mit der Mannschaft auf der Bühne ein, zahlreiche Spieler machten Selfies mit ihm.

Nach dem Ausscheiden der Nationalelf richtete sich die deutsche Wut vor allem gegen Özil. Zahlreiche Mitglieder der bisher nicht gerade durch sportpolitische Expertise in Erscheinung getretenen AfD beteiligten sich ungehemmt an der Hetze gegen das Mitglied der Weltmeisterelf von 2014. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Protschka etwa schrieb: »Dank Özil scheidet Deutschland aus.« Nach Informationen des »Bildblogs« soll Özil im Stadion von Kasan bereits unmittelbar nach dem entscheidenden Spiel gegen Südkorea von einem deutschen Fan rassistisch beleidigt worden sein. Unterstützung aus den eigenen Reihen erhielt der Nationalspieler nur wenig. Im Gegenteil: Teamchef Oliver Bierhoff stellte nachträglich Özils Nominierung in Frage. Auch DFB-Präsident Reinhard Grindel schickte sich an, Özil im Nachhinein zu maßregeln.

Dass es auch anders geht, bewiesen unterdessen andere Nationalverbände. Der Schwede Jimmy Durmaz war nach dem von ihm verursachten spielentscheidenden Freistoß im Spiel gegen Deutschland ebenfalls rassistischen Anfeindungen ausgesetzt. Der schwedische Verband erstattete Strafanzeige, während die Mannschaft ein Video mit Durmaz aufnahm, in dem sie kollektiv gegen den Rassismus Stellung bezog. Der Brasilianer Fernandinho war eben­so von Rassismus betroffen. Nach seinem Eigentor gegen Belgien wurde er online unter anderem als »Affe« beschimpft. Der brasilianische Verband verurteilte die Attacken.