ქვეყნის შიგნით - Parteien und Oligarchen

Regierung wechselt, Oligarch bleibt

Demokratische Verhältnisse und Westbindung sind in Georgien gesellschaftlicher Konsens. Die staatliche Politik indes wird weiterhin vor allem von der Partei eines Oligarchen bestimmt.

Die Präsidentschaftswahlen am 28. Oktober treffen auch bei politisch aktiven Georgiern nicht immer auf Interesse: »Das ist nur noch ein rein repräsentatives Amt und ändert an der Politik ­erstmal nichts«, sagt eine 30Jährige, die sich an den Rave-Protesten gegen die Regierung des im Juni zurückgetretenen Ministerpräsidenten Giorgi Kwirikaschwili beteiligte.

Nachdem die Partei des zeitweise sehr mächtigen Micheil Saakaschwili die Wahlen 2012/2013 verlor, wurde die Macht des Präsidenten durch eine Verfassungsänderung ­beschnitten. Die derzeit dominierende Partei »Georgischer Traum« verzichtet sogar auf ­einen eigenen Kandidaten.

Der Oligarch und Gründer der Partei, Bidzina Iwanischwili, sagte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, es sei besser für die demokratische Entwicklung ­Georgiens, wenn ein unabhängiger Kandidat oder jemand aus der Opposition das Amt innehabe.

Trotz russischer Finanzierung rechtsextremer Gruppen und Einmischung in die georgische Innenpolitik, besteht ein prowestlicher und proeuropäischer Konsens in Georgien.

Im Gegensatz zur Besetzung des ­Präsidentenamtes ist das Interesse an der Zusammensetzung der Regierung groß. Nach den Protesten wegen der Drogenrazzia im Club Bassiani trat Kwirikaschwili mit seiner gesamten Regierung zurück. Offiziell gab er Meinungsverschiedenheiten mit dem Parteivorsitzenden Iwanischwili als Grund für seinen Rücktritt an.

Zum neuen Ministerpräsidenten wurde der ehemalige Finanzminister und Leiter der staatlichen georgischen Eisenbahn, Mamuka Bakhtadze, gewählt. Die größte Oppositionspartei »Vereinte Nationale Bewegung« beteiligte sich nicht an der Abstimmung und bezeichnete die Wahl des neuen Minister­präsidenten als Heuchelei.

Denn sowohl der abgesetzte wie auch der neue Ministerpräsident gehören der Partei »Georgischer Traum« an, die bei den Parlamentswahlen 2016 knapp die Hälfte der Stimmen und ­damit, aufgrund des Scheiterns vieler Parteien an der Fünfprozenthürde ­sowie der teilweisen Vergabe der Sitze nach dem Verhältniswahlrecht, auf 115 von 150 Sitzen im Parlament kam.

Damit ist die Partei von Iwanisch­wili übermächtig in Georgien. Der »Georgische Traum« zeichnet sich dabei durch eine große ideologische Flexibilität aus und bindet sowohl liberale Raver als auch konservative Nationalisten an sich. Die Partei wird eher von klientelistischen Strukturen und der charismatischen Führungspersönlichkeit Iwanischwili zusammengehalten als durch konkrete Inhalte und Programme.

Seit April hat der Oligarch wieder das Amt des Parteivorsitzenden inne, nachdem er zuvor jahrelang kein offizielle Funktion besaß. Dabei hat kaum jemand Zweifel daran, dass Iwanischwili konstant großen Einfluss auf die Politik in Georgien nimmt.

Die »Vereinte Nationale Bewegung« des inzwischen im niederländischen Exil lebenden Micheil Saakaschwili ist die zweite verbliebene starke Partei in Georgien, die bei den Wahlen 2016 ein Viertel der Stimmen erhielt. Die dritte Partei, die bei den Wahlen 2016 knapp die Fünfprozenthürde nahm, ist die nationalistische »Allianz der Patrioten Georgiens« (PAG).

Trotz russischer Finanzierung rechtsextremer Gruppen und Einmischung in die georgische Innenpolitik, besteht ein prowestlicher und proeuropäischer Konsens in Georgien.

Das Land ist seit zehn Jahren Teil des EU-Projekts Östliche Partnerschaft und hat ein Freihandelsabkommen wie auch ein Assozierungsabkommen mit der EU unterzeichnet. Das prognostizierte Wirtschaftswachstum für 2018 liegt bei 4,5 Prozent. Seit einer Liberalisierung der Visumspflicht im März 2017 können Georgier problemlos für bis zu 90 Tage in die EU einreisen.

Zum zehnten Jahrestag des Krieges mit Georgien sendete der russische ­Ministerpräsident Dmitri Medwedjew dann auch eine Warnung und sagte im Interview mit Radio Komersant FM, ein Angebot der Nato an Georgien, dem Verteidigungsbündnis beizutreten, sei »absolut verantwortungslos« und eine »Gefahr für den Frieden«.

In der Region ist Georgien das einzige Land mit einem klaren Bekenntnis zum Westen und halbwegs funktionierenden, annähernd demokratischen Strukturen. Diese sind schon allein wegen der imperialistischen Bestrebungen Russlands, aber auch anderer Nachbarn gefährdet. Denn Georgien liegt zwischen Erdoğans Türkei und dem Iran der Mullahs sowie nahe dem »frozen conflict« zwischen dem autokratischen Aserbaidschan und dem sich demokratisierenden Armenien.