Bitte nicht füttern - Winter is coming

Vorbereitet sein

Kolumne Von

Man muss sich auf schlechte Zeiten einstellen. Grundsätzlich. Schon mental. Allein schon auf eine ganz konkrete schlechte Zeit, die bald kommt: den Winter. Auch politisch, kulturell, ethisch muss man mit dem Schlimmsten rechnen. Allerdings gehören so manche, die mit dem Schlimmsten rechnen und sich besonders gut darauf vorbereiten, selbst zum Schlimmsten. »Prepper« zum Beispiel.

Das sind Menschen, die sich »mittels individueller Maßnahmen auf jedwede Art von Katastrophe vorbereiten« (Wikipedia). Sie lagern Lebensmittelvorräte ein, verbarrikadieren ihre Häuser, legen Verstecke an, bunkern Waffen. Wenn die Katastrophe (Klima, Flüchtlinge, Bankencrash, Kommunismus) kommt, werden sie bereit sein, zumindest sich persönlich bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen. Auch gegen andere, die in den Bunker wollen, denn Solidarität ist nicht gerade das Erkennungsmerkmal dieser Bewegung. Aber sind diese Apokalyptiker wirklich so realitätsfremd? Rechnen wir nicht alle mit dem Ende der Welt? Zumindest liest sich so mancher Kommentar zum Hambacher Forst so. Es braucht eine gehörige Portion Optimismus, um optimistisch zu bleiben.

Also halten viele schon mal die Wollsocken bereit, füllen den Weinkeller auf und tätigen Hamsterkäufe. Nein, sie kaufen keine Hamster, sie kaufen ein wie ein Hamster, beziehungsweise legen wie er Vorräte an. Man sollte es aber nicht übertreiben mit der Anpassung an möglicherweise schlechte Zeiten, denn man wird dann selbst schlecht. Oder man hat halt nichts vom Leben. Der Siebenschläfer etwa übertreibt es ein wenig. Wenn er im Mai aus seinem Winterschlaf erwacht und sich da bereits abzeichnet, dass das angebrochene Jahr ein sogenanntes Fehlmastjahr wird, also der Bucheckerntisch im Herbst nicht allzu reich gedeckt sein wird, dann verzichtet der kleine Nager einfach in diesem Jahr komplett auf die Fortpflanzung.

Das klingt erst einmal vernünftig. Wie wenn Menschen überlegen würden: Oh, es gibt keine Kitaplätze bei uns in der Gegend, dann lassen wir das besser mit dem Kinderkriegen, anstatt trotzdem Kinder zu zeugen und sich dann im Herbst zu beschweren, dass die Buchen nicht genug Eckern tragen. Klar, der Vergleich hinkt. Aber der Siebenschläfer geht noch weiter: Die Männchen verzichten im Frühling bei sich abzeichnender herbstlicher Futterknappheit sogar darauf, überhaupt entwickelte Geschlechtsorgane auszubilden. Spätestens jetzt ist der Vergleich Unsinn. Allerdings: Dieses Jahr war ein fettes Jahr, ein Mastjahr. Sowohl für Buchen als auch für Eichen und Kastanien. Es gab also ausgiebigen Siebenschläfersex und auch die Eichhörnchen können zurzeit ordentlich bunkern und hamstern. Und so wünschen wir Menschen uns oft, wenn’s gerade passt, dass die Dinge doch ein wenig vergleichbarer wären: Der Siebenschläfer hat sich übrigens bereits in den Winterschlaf abgemeldet für die nächsten sieben Monate.