Small Talk mit Nina Los vom Peng!-Kollektiv über die Cop-Map

»Ein neues Level exekutiver Staatsgewalt«

Die »Cop-Map« ist eine interaktive Karte, die Polizeipräsenz und Überwachung anzeigen soll. Die Jungle World sprach mit Nina Los vom Peng!-Kollektiv.
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Warum gibt es die Cop-Map?
Uns war es wichtig, ein Map-Tool bereitzustellen, das es Menschen ermöglichen soll, einen bewussteren Umgang mit der Polizei zu finden, aber auch, sich effektiver vor polizeilicher Repression dadurch zu schützen, dass die Bewegungsprofile der Polizei nachvollzogen werden können. Es geht auch um Kritik an Machtmissbrauch und Praktiken wie racial profiling. Zugleich wenden wir uns mit der Cop-Map gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) und die Pläne in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die polizeilichen Befugnisse auszuweiten. Die Polizei wird dadurch zu einer Gefahr für die Gesellschaft und die Demokratie.

Inwiefern?
Das bayerische PAG legitimiert die Polizei, allein anhand von Mutmaßungen über eine »drohende Gefahr« die Verdächtigen für unbegrenzte Zeit präventiv einzusperren, ohne dabei einen Pflichtverteidiger stellen zu müssen. Es autorisiert die Polizei, die Überwachung von Personen zu verschärfen, etwa durch das Anlegen von elektronischen Fußfesseln oder das Anzapfen und die Manipulation digitaler Kommunikationskanäle. Es ermöglicht der Polizei, das bereits praktizierte racial profiling durch DNA-Analysen auszuweiten, um so die »biogeographische Herkunft« einer Person festzustellen.

Die Polizei betrachtet sich als »Freund und Helfer«. Auf der Website der Cop-Map heißt es hingegen, die Polizei sei »kein Freund, sondern Gefährder«. Warum?
Für ganz viele Menschen ist das der Status quo. Es gibt Gruppen, die kommen erst gar nicht auf die Idee, die Polizei zu rufen, da sie von dieser schon bedrängt wurden oder sie die Hoffnung schlicht und ergreifend aufgegeben haben, dass die Polizei ihnen wirklich helfen will. Überdies wird die Polizei durch die Neuregelungen in den PAG dazu ermächtigt, »Kontrollinstrumente« zu nutzen, die eigentlich den Geheimdiensten vorbehalten sind. Ihr Ermessensspielraum, wann und wie sie präventiv eingreifen kann und darf, wird enorm ausgeweitet. Dieses Level exekutiver Staatsgewalt ist neu.

Rainer Nachtigall, Vorsitzender des bayerischen Landesverbandes der Deutschen Polizeigewerkschaft, sieht Parallelen zu der Einschüchterung von Lehrerinnen und Lehrern durch den »Online-Pranger« der AfD und kritisiert, dass die Cop-Map nichts mit einer sachlichen Kritik am PAG zu tun habe.
Die AfD will andersdenkende Einzelpersonen mit Namen und Angaben zur Person denunzieren. Cop-Map dagegen kartographiert Polizeipräsenz und Überwachung, ohne dabei Namen oder sonstige Informationen zur Person zu veröffentlichen. Offenbar ist die Kritik am PAG, die auf unserer Cop-Map-Website zu lesen ist, sachlich genug, so dass sehr viele Medien sie wiedergegeben haben. Die diskursive Umkehrung des Begriffs der »drohenden Gefahr« soll auf die einzelnen Kritikpunkte aufmerksam machen. Die Kritik am PAG kommt aber zusammen mit einer grundlegenden Kritik an der Institution Polizei.

Wie ist die Resonanz in der Öffentlichkeit?
Viele wünschen sich eine App-Version von Cop-Map. Zu unserer Überraschung gab es sogar positives Feedback aus einzelnen Sektionen polizeilicher Behörden. Andererseits, was aber auch selbstverständlich ist, haben die CDU und die Deutsche Polizeigewerkschaft empört reagiert. Dass die Polizei nicht wirklich die Institution ist, die scharfe Selbstkritik übt, wussten wir allerdings bereits. Dennoch: Wir merken, dass eine Debatte über das Thema Polizeigewalt im Gange ist.