Der Weg eines Baseball-Spielers von Kuba in die USA und zurück

Der Pitcher als Schmuggelware

Tausende kubanische Baseballspieler haben in den vergangenen Jahren das Land verlassen, um sich den Traum von einer Karriere in der Major League Baseball (MLB), der US-amerikanischen Profiliga, zu erfüllen. Einer kehrte nun nach Kuba zurück – und verzichtete damit auf viel Geld.

Der kubanische Baseball hat in den vergangenen Jahren einen gewaltigen Aderlass erlebt. Diverse talentierte Spieler haben das Land verlassen. Die Serie Nacional de Béisbol, die nach der Revolution gegründete nationale Baseballmeisterschaft, hat an spiele­rischer Qualität verloren. Die kubanische Baseballnationalmannschaft ist zwar noch immer Rekordweltmeister. Der letzte WM-Gewinn des Teams liegt aber schon 13 Jahre zurück. Bei den Olympischen Spielen gewannen die Kubaner zuletzt im Jahr 2004 die Goldmedaille im Baseball.

Die Gründe für den Niedergang sind vielfältig. Die heutige Genera­tion der Spitzenbaseballer ist während der von der kubanischen Regierung als »Sonderperiode in Friedenszeiten« bezeichneten Phase des wirtschaft­lichen Niedergangs aufgewachsen, der nach dem Zerfall der Sowjet­union auf der Insel einsetzte. In diesen ökonomisch schwierigen Zeiten fehlte es an Geld für die Förderung des Spitzensports. Deshalb verlassen immer mehr Spitzensportler das Land. Vor allem Baseballspieler, aber auch Volleyballer, Fußballer und ­Boxer suchen ihr sportliches und ­finanzielles Glück im Ausland.

Seit 2009 haben mindestens 25 aus Kuba geflüchtete Spieler Verträge im Gesamtwert von mehreren Hundert Millionen US-Dollar unterschrieben.

Roberto Hernández Navarro ist nun den umgekehrten Weg gegangen. Der 17jährige Pitcher gilt als eines der größten Baseballtalente Kubas. Mit 15 Jahren reiste er als Mitglied einer kubanischen Jugendauswahl zu den Panamerikanischen Spielen, einer Art kontinentaler Olympiade. Dort ­gewann das Team unter anderem ­gegen eine Auswahl der Vereinigten Staaten. Nach dem Turnier reiste Hernández Navarro mit seinem Vater in die Dominikanische Republik, um das Helms-Burton-Gesetz zu umgehen. Eines Tages sollte das junge Talent schließlich in der US-amerikanischen Major League Baseball (MLB) spielen.

Seit 2009 haben mindestens 25 aus Kuba geflüchtete Spieler Verträge im Gesamtwert von mehreren Hundert Millionen US-Dollar unterschrieben.

Das Helms-Burton-Gesetz, eine 1996 beschlossene Verschärfung der US-Blockade gegen Kuba, untersagt US-Unternehmen, also auch der MLB, jegliche kommerzielle Verbindung zu Kuba. Das Amt für die Kontrolle von Auslandsvermögen des US-­Finanzministeriums (OFAC) verlangt von kubanischen Spielern, die in ­einer US-amerikanischen Profiliga spielen wollen, dass sie nachweisen, Bürger eines anderen Landes als Kuba zu sein. Erst dann dürfen sie von einem US-amerikanischen Club unter Vertrag genommen werden. Um in der MLB oder anderen US-Ligen ­spielen zu können, müssen die Athleten also die Staatsbürgerschaft eines Drittlands annehmen. Es ist auch möglich, aus Kuba in die USA zu fliehen und am Draft, einem Auswahlverfahren für Nachwuchsspieler, teilzunehmen. Wer über den Draft in eine der Ligen kommt, erhält allerdings in der Regel einen deutlich ­geringer dotierten Vertrag als Spieler aus Haiti, der Dominikanischen ­Republik oder Mexiko, die ohne Teilnahme an dem Auswahlverfahren von einem der Teams verpflichtet werden können.

Das hat dazu geführt, dass ein regelrechter Schwarzmarkt für kubanische Baseballspieler entstanden ist. Oft sind es Exilkubaner mit Verbindungen auf die Insel, die die sogenannten Desertationen talentierter Spieler organisieren. Über ein gut­organisiertes Netzwerk von Kontakten sprechen sie kubanische Spieler an und überreden sie, ihr Land zu verlassen, um in der wichtigsten Baseball-Liga der Welt reich und berühmt zu werden. Sie organisieren Aufenthaltspapiere, oft durch Bestechung, und stehen in Kontakt zu Spieleragenten, die die Verträge mit den Clubs aushandeln. Vermittler und Agenten erhalten hohe Provisionen. Es handelt sich um ein Millionengeschäft.