Der sächsische Verfassungsschutz bespitzelt »linksextremistische« Bands

Hardcore im Kriminalpräventiven Rat

Seite 2

Das Bundesverfassungsgericht kommt in seinem Urteil darüber hinaus zu dem Schluss, dass der gesetzliche Schutz des Staats und seiner Symbole nicht zu einer Immunisierung gegen Kritik oder gegen die Ablehnung der Bundesrepublik führen dürfe. Wenn die Gattungsanforderungen von »Komposition« und »Dichtung« erfüllt seien, komme es »bei der verfassungsrechtlichen Einordnung und Beurteilung auf die ›Höhe‹ der Dichtkunst nicht an«. Auch »plakative, drastische Kritik«, »symbolhaft überfrachtete Bilder« oder »kari­katurhaft überzeichnete Ausdrücke« gegen den deutschen Staat müssten ausgehalten werden. Es erscheine »zumindest zweifelhaft«, ob das Abspielen oder Mitsingen von Liedern »zu einer Gefährdung des Bestands der rechtsstaatlich verfassten Demokratie der Bundesrepublik Deutschland« führen könne.

Klaus Farin sieht keine Legitimation dafür, Bands oder andere Künstler durch einen Geheimdienst überwachen zu lassen. Wenn Musiker Straftaten ­begehen, also zum Beispiel zur Ermordung von Menschen oder zu gezielter Gewalt aufrufen, sei dies ein Fall für die Justiz und nicht für den Verfassungsschutz. »Mit der Beobachtung von Bands, also Kulturschaffenden, und noch mehr mit der gezielten Denunziation und repressiven Drohungen gegenüber Gemeinden und Veranstaltern demonstriert der sächsische Verfassungsschutz erneut, dass er außerhalb des Grundgesetzes steht und eigentlich selbst zum Überwachungsziel werden müsste«, sagte Farin der Jungle World.

Die Hardcoreband One Step Ahead berichtete der Jungle World, dass der Verfassungsschutz wiederholt versucht habe, ihre Konzerte durch Anrufe bei den Veranstaltern oder den Stadtverwaltungen zu verhindern. Einer Antwort des sächsischen Innenministerium auf eine parlamentarische Anfrage zufolge wirft das LfV der Band vor, dass sie in ihren Texten »teilweise zur Gewalt« aufrufe und ein Bild mit der Aufschrift »Antifaschistische Aktion« Teil ihres Bandlogos sei. Das LfV informierte den Kriminalpräventiven Rat von Limbach-Oberfrohna, der Heimatstadt von One Step Ahead, über die vermeintliche Verfassungsfeindlichkeit der Band. Während einer Sitzung des Rats hörten die Ratsmitglieder gemeinsam mit Vertretern der örtlichen Polizei das neueste Album von One Step Ahead, um nach »problematischen« Textzeilen zu suchen. »Das muss man sich mal vorstellen, was für eine immense Kraft das LfV und die CDU in die versuchte Kriminalisierung von Menschen stecken, die nicht weniger als das Grundgesetz verteidigen, während überall in Sachsen der rechte Mob marodiert und auf Menschenjagd geht«, kommentierte die Band dieses Vorgehen.
Der sächsische Landtagsabgeord­nete Lippmann, der mehrere Anfragen zur Beobachtung »linksextremistischer Bands« durch das LfV an das sächsische Innenministerium gestellt hat, vermutet, dass das LfV darum bemüht ist, den Bereich Linksextremismus auf­zublähen, um »sich selbst, seine Arbeit und seinen überdimensionierten ­Personalbestand zu rechtfertigen«.