Der Wahlsieg der rechtsextremen Partei Vox in Andalusien hat Folgen für ganz Spanien

Die rechtsextreme Überraschung

Bei den Regionalwahlen in Andalusien haben die regierenden Sozial­demokraten schlechter abgeschnitten als erwartet. Einen großen Erfolg feierte hingegen die rechtsextreme Partei Vox. Das hat Folgen für ganz Spanien.
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Zum ersten Mal seit dem Ende des Faschismus zieht in Spanien eine rechtsextreme Partei in ein Regionalparlament ein. Die Ende 2013 gegründete Partei Vox erhielt bei den Wahlen in Andalusien am Sonntag rund 400 000 Stimmen und stellt nun zwölf der 109 Abgeordneten. Das Ergebnis, das das Ende des »roten Andalusien« ein­leitete, wurde von Vox-Anhängern mit Francos Schlachtruf »Arriba España!« (Hoch lebe Spanien!) im Hotel Ayre in Sevilla bejubelt.

Seit 36 Jahren hat in Andalusien ununterbrochen die sozialdemokratische Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) ­regiert. Nun verlor sie 14 Mandate und verfügt nur noch über 33 Sitze. Die von der Regionalpräsidentin Susana Díaz geführte Partei bleibt zwar stärkste Kraft, eine linke Regierungsmehrheit ist aber nicht mehr möglich. Das von Unidos Podemos (UP) angeführte linke Bündnis Adelante Andalucía (Vorwärts Anda­lusien) kam auf 17 Sitze – drei weniger, als die beteiligten Parteien bisher hielten – und hat, anstatt Selbstkritik zu üben, lieber zu »militantem Antifaschismus« aufgerufen.

Ein rechtes Bündnis aus der konservativen Volkspartei (PP) mit 26 Sitzen, den rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) mit 21 Sitzen und Vox würde auf 59 Mandate kommen, eine solide Mehrheit. Besondere Hemmungen, mit Vox zu ­koalieren, haben weder PP noch Cs. Vox versprach eine reconquista Spaniens, in Anlehnung an die »Rückeroberung« der iberischen Halbinsel im Mittelalter von muslimischen Herrschern durch christliche. Vox vertritt einen starken spanischen Zentralismus und will die autonome Selbstverwaltung abschaffen, um die »öffentlichen Ausgaben zu ­reduzieren«. Vox, PP und Cs betonten in ihrem Wahlkampf die sakrosankte »nationale Einheit Spaniens« und verurteilten den katalanischen Separatismus aufs Schärfste, zu dem sich der PSOE ambivalent verhält. Indem sie auf diese vermeintliche Schwäche des PSOE hinwiesen, trafen vor allem Cs und Vox einen Nerv. Auch die niedrige Wahlbeteiligung von 58,6 Prozent spielte ihnen in die Hände.

»Andalusien hat Spanien den Weg gewiesen«, sagte Santiago Abascal Conde, der Parteivorsitzende von Vox in ganz Spanien, der behauptet, stets mit seiner »Smith & Wesson bewaffnet« zu sein. »Wir werden einer mehrheitlichen Alternative zur derzeit herrschenden sozialistischen Korruption und zum chavistischen Kommunismus nicht im Weg stehen«, betonte der Baske, der von 1996 bis 2013 Mitglied des PP war und damals im Visier der baskisch-separatistischen Terrororganisation ETA stand. Er ist überzeugt, die Immigration zerstöre das Zusammenleben in Spanien und den Wohlstand: »Wer illegal einwandert, muss umgehend ab­geschoben werden.« Zudem solle um die Enklaven Ceuta und Melilla eine ­Mauer gebaut werden.

Ein Gesetz zur Aufarbeitung der Franco-Diktatur will Vox wieder abschaffen, ebenso das »Gesetz über geschlechtsspezifische Gewalt«, da es »Männer diskriminiert«, sowie die Fristenlösung für den Schwangerschaftsabbruch. Weitere Forderungen von Vox sind starke Steuersenkungen, insbesondere für kinderreiche Familien und Unternehmen, härtere Strafen für Korruption, der Schutz des Stierkampfs als »Kulturerbe« und die »Eliminierung des Islam in den Schulen« sowie ein Verbot des Tragens der Burka.

Abascal sagte in seiner Ansprache nach der Wahl, dass »der radikale ­Feminismus, der die halbe Bevölkerung knechtet, seinem Ende nahe« sei. Nach Angaben des Politologen Pablo Simón sind 70 Prozent der Vox-Wähler männlich, die Mehrheit stammt aus der oberen Mittelschicht. Vox wird nun spanienweit als Alternative für rechte ehemalige PP-Wähler und Cs-Sympathisanten, aber auch enttäuschte, einst linke Protestwähler angesehen. »Wir sind die Partei der Empörten«, sagte Francisco Serrano, der andalusische Vox-Vorsitzende.

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez (PSOE) steckt nach der Wahlniederlage in einem Dilemma: Ohne die Unterstützung der separatistischen Parteien in Katalonien und dem Baskenland bekommt er den Haushaltsentwurf für 2019 nicht durchs Parlament. Sollte er Zugeständnisse machen, könnte der PSOE auch in anderen Regionen Spaniens abgestraft werden. Vorgezogene Parlamentswahlen, die parallel zu den EU-Parlamentswahlen und Gemeindewahlen am 26. Mai 2019 stattfinden könnten, kämen für den PSOE mehr als ungelegen. Sánchez wird versuchen, diese zu vermeiden.

In Andalusien regte sich bereits Protest gegen die rassistischen und reak­tionären Positionen von Vox. Tausende Menschen gingen am Montagabend in friedlichen Protesten in den Provinzhauptstädten auf die Straße. Einige schlugen ihre Zelte auf und campieren nun etwa in Granada vor dem Rathaus wie einst die indignados (Empörten) beziehungsweise die »Bewegung des 15. Mai« in den Jahren 2011 und 2012.