Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte will neue Todesschwadronen

Duterte sucht neue Killer

Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte will Todesschwadronen im Kampf gegen maoistische Rebellen einsetzen. Er ist für seinen brutalen »Krieg gegen Drogen« berüchtigt und treibt den autoritären Umbau des Staats voran.

Ohne Feindbilder funktioniert autoritäre Herrschaft nicht. Bislang war es vor ­allem der vermeintliche und tatsächliche Drogenhandel, gegen den Rodrigo Duterte als Präsident der Philippinen mit harter Hand vorgegangen ist. Während offizielle Polizeistatistiken nahezu 5000 Opfer im »Krieg gegen Drogen« vermelden, berichtet die oppositionelle Senatorin Leila de Lima, die seit Februar 2017 wegen angeblicher Drogendelikte inhaftiert ist, von 23 000 Opfern seit Dutertes Amtsantritt im Juni 2016. Am Dienstag vergangener Woche kündigte Duterte an, er wolle Todesschwadronen nach dem Vorbild der sparrow units (Spatzeneinheiten) gegen die New People’s Army (NPA), den bewaffneten Arm der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP), einsetzen. Die maoistische NPA verfügt Schätzungen zufolge über einige Tausend Kämpfer und bekämpft seit Jahrzehnten den philippinischen Staat. Nach gescheiterten Friedensverhandlungen kam es in den vergangenen Monaten immer wieder zu Zusammenstößen zwischen NPA und Armee. Vor einem Jahr hatte Duterte die CPP-NPA zur terroristischen Organisation erklärt.

Die sparrow units, nach dem Akronym SPARU für eine Sondereinheit der NPA, sollen in den Siebzigern und Achtzigern eingesetzt worden sein, um vor allem Polizisten zu ermorden. Ob sie noch existieren, ist nicht klar. »Ich werde meine eigenen Spatzen schaffen. Sie werden vor allem nach Müßiggängern, potentiellen NPA-Mitgliedern, suchen und sie töten«, so Duterte.

Während offizielle Polizeistatistiken nahezu 5 000 Opfer im »Krieg gegen Drogen« vermelden, berichtet die oppositionelle Senatorin Leila de Lima von 23 000 Opfern seit Dutertes Amtsantritt.

Verteidigungsminister Delfin Lorenzana sagte, die Idee werde sorgfältig geprüft, es bedürfe allerdings strenger Regelungen, um Missbrauch zu verhindern. Der oppositionelle Senator Antonio Trillanes kritisierte Dutertes Vorstoß scharf. Der Präsident wolle damit die Bevölkerung in Angst versetzen und den Internationalen Strafgerichtshof hintergehen, weil Duterte erst jetzt von seinen Plänen zu Todesschwadronen spreche und damit die Verantwortung für das Agieren von Todesschwadronen im Land seit seinem Amtsantritt von sich weise. Darüber hinaus wolle er die Aufmerksamkeit der Medien und der Öffentlichkeit von fragwürdigen Abkommen mit China und einem Methamphetamin-Schmuggelskandal ablenken. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss kam am Mittwoch voriger Woche zu dem Schluss, dass eine Ladung von einer Tonne der illegalen Droge Methamphetamin, bekannt unter dem Handels­namen »Shabu«, vor einigen Monaten nur mit Hilfe eines Kartells innerhalb der Zollbehörde ins Land gelangt sein könne.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warnt, wenn Duterte Todesschwadronen einzusetze, ­bedeute das, dass die »Jagd auf Rebellen, Linke, Zivilisten und Regierungskritiker eröffnet ist«.

Die Eskalation der Gewalt ist begleitet vom Machtgewinn von Armee und Polizei. Seit Mai 2017 gilt in der südlichen Insel Mindanao das Kriegsrecht, nachdem Kämpfer des »Islamischen Staats« (IS) die Stadt Marawi kurz­zeitig unter Kontrolle gebracht hatten. Seit der Amtseinführung Dutertes wurden zudem über 60 ehemalige Generäle, Admi­rale und Oberste sowie Polizeidirektoren ins Kabinett und in staatliche Behörden berufen. Auch die ehemalige Präsidentin Gloria Macapagal Arroyo (2001–2010), die fünf Jahre lang inhaftiert war, feiert ein politisches Comeback. Duterte hatte sich für ihre Freilassung eingesetzt. Sie war wegen Plünderung der staatlichen Lotterie – mit einem Schaden von umgerechnet knapp acht Millionen Euro – verurteilt worden. Nicht verantworten musste sie sich für die über 1 200 Opfer politisch motivierter Morde in ihrer Amtszeit. Im Gegenteil: Seit Juli ist sie Sprecherin des Repräsentantenhauses und somit die viertmächtigste Politikerin des Landes.