Platte Buch - Josephine Foster: »Faithful Fairy Harmony«

Lauter kleine Lieder

Josephine Fosters Stimme kann man das Alter nicht anhören. Hört man sie, könnte man die 44jährige Sängerin auch auf 24 schätzen – oder auf 64. Hoch wird die Tonlage, gerade wenn es auf den Refrain einer ihrer Lieder zugeht, aber nie schrill: eine warme, runde, volle Stimme. Wenn Foster ihre Texte singt, betont sie die einzelnen Wörter überdeutlich, bis sie sich in langgezogene Vokale verwandeln. Obwohl einem kein Wort aus ihrem Mund entgeht, ist ihre Stimme selbst mehr Instrument als Mittel zur Kommunikation von ­Inhalten. Bei Foster fragt man sich schnell nicht mehr, was sie singt, sondern ist konzentriert darauf, wie sie es singt, ausspricht, das Wort in ihrem Mund bildet.

Schnappt man doch etwas auf, dann geht es in ihren Texten viel um den Mond, die Sterne, um Kinder, Gärten oder Vögel, um den Schnee oder den Sturm. Wie ihre Stimme sind auch ihre Lieder nicht in der Zeit zu lokalisieren – auf Aktuelles trifft man in ihnen nicht. Josephine Foster ist eine Mischung aus Minnesängerin und Amme, die Kinderlieder vorträgt.

Foster wurde im Zuge der New-Weird-America-Bewegung bekannter, zu der auch Joanna Newsom und Coco Rosie gezählt werden. 16 Alben hat Foster seit 2000 aufgenommen, sechs von ihnen gemeinsam mit anderen Bands, die ersten beiden komplett in Eigenregie, ohne Studio. Ihr Lieblingsinstrument, das immer wieder auftaucht, ist die Ukulele, die etwas Albernes und Ulkiges in die mystisch-unheimliche Klangwelt der Musikerin bringt. Ihr neues Album »Faithful Fairy Harmony« kommt ganz ohne die kleine Gitarre aus. Jedes neue Lied scheint sein eigenes Instrument bekommen zu haben: Im »Soothsayer Song« erklingt eine ­Autoharp, Fosters Gesang in »A Little Song« wird vom Klavier begleitet und in »The Virgin of the Snow« wird sachte eine Akustikgitarre gespielt, um nur die ersten drei Songs zu nennen. Diese fabelhaften Stücke sind nicht für Kinder gedacht, sondern warme, morbide Märchen für Erwachsene.

Josephine Foster: Faithful Fairy Harmony (Fire Records)