Die Reform der Regionalligen

Von Flensburg bis nach Babelsberg

Fünf DFB-Regionalverbände, aber in Zukunft nur vier Fußballregionalligen: Bei der Reform der 4. Ligen ist Ärger programmiert.

Einer altbekannten Maxime zufolge gründet man in festgefahrenen Situationen am besten einen Arbeitskreis. Anfang Oktober 2017 verkündete der Deutsche Fußball-Bund (DFB) entsprechend die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft unter Leitung des DFB-Vizepräsidenten Peter Frymuth. Sie sollte einen Vorschlag erarbeiten, wie aus fünf Regionalligen vier Spielklassen werden können, aus ­denen der jeweilige Meister direkt in die 3. Li­ga aufsteigt. Das Problem ­beschäftigt die Verbände schon seit Jahren, ohne dass auch nur ansatzweise eine befriedigende Lösung gefunden worden wäre. Nach der letzten Reform vor fünf Jahren war das neue Aufstiegssystem von allen Seiten kritisiert worden.

Aus den fünf Regionalligen gelang bis zur Saison 2017/18 pro Jahr nur drei Teams der Aufstieg in die eingleisige 3. Liga. Der Wechsel in die höhere Spielklasse war nämlich nicht ganz einfach: Die fünf Meister und der Zweitplatzierte der Südweststaffel spielten in Relegationsspielen den jeweiligen Aufsteiger aus. So konnte es passieren, dass der ungeschlagene Meister einer Staffel in den beiden Relegationsspielen doch noch den heiß ersehnten Aufstieg in den Profibereich verpasste – eine Ungerechtigkeit, die viel Protest von Fans, Vereinen und Verbänden zur Folge hatte und nach langen Diskussionen zumindest vorerst sowohl für die laufende als auch für die kommende Saison geändert wurde. Der neue Modus löst zwar nicht das zentrale Problem, dass nicht alle Viertligameister direkt aufsteigen können. Die »Vier-aus-Fünf«-Lösung wurde aber zumindest als auf die kommenden zwei Jahre begrenzter Kompromiss angenommen. Diesem zufolge wird dem Meister der Regionalliga Südwest in den kommenden beiden Spielzeiten das direkte Aufstiegsrecht zugesprochen. Dafür verzichtet der Verband auf den bisherigen zweiten Relegationsplatz. Darüber hinaus gibt es noch zwei weitere Direktaufsteiger aus den übrigen vier Regionalligen. Nur der vierte Aufstiegsplatz wird per Relegation ermittelt. In der nächsten Saison erhalten die beiden Ligen der Relegationsteilnehmer einen festen Aufstiegsplatz.

»Die Spieler sind ja teilweise irgendwo in Lohn und Brot. Du kannst nicht erwarten, dass jemand zwei Tage pro Woche Urlaub nimmt.«
Christian Lippold, stellvertretender Vorsitzender von Babelsberg 03

Eine einvernehmliche Lösung des Problems scheiterte bislang vor allem deshalb, weil keiner der Regionalverbände seine höchste Spielklasse verlieren will. Die derzeit von vielen favorisierte Variante, die Aufteilung in vier Regionalligen, stößt vor allem in Bayern und im Osten der Republik auf Widerstand. »Oberste Priorität hat der Bestand der Regionalliga Nordost«, sagte Erwin Bugar, der frisch gewählte Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV), Anfang Dezember dem RBB. Dem Sportmagazin Kicker zufolge wurde die eingesetzte Arbeitsgruppe im November aufgelöst. Politisch sei eine Reduzierung auf vier Regionalligen derzeit schwer vermittelbar, hieß es.

Trotzdem spricht der DFB weiterhin vom »vorrangigen Ziel einer Reduzierung der Regionalliga auf vier Staffeln«. Die Regionalliga Südwest und die Regionalliga West sollen ­voraussichtlich je einen Aufstiegsplatz erhalten. Die drei anderen Regionalligen Nord, Bayern und Nordost würden in diesem Fall in zwei Staf­feln gefasst. Es gilt als ausgeschlossen, dass ausgerechnet der kleinste aller Verbände, der NOFV, bei einem Zusammenschluss seine Staffeln behält. »Wir sagen auch ganz deutlich den Verbänden in Ostdeutschland: Bei 56 000 Fußballmannschaften insgesamt kann ich mit 9 500 Mannschaften, die im Nordosten behei­matet sind, nicht beanspruchen, ein Viertel der Regionalligen zu haben«, begründete Rainer Koch, der Vizepräsident des DFB, den bevorstehenden Kahlschlag.

Im Nordosten ansässige Clubs müssten nach dieser Planung voraussichtlich bis nach Flensburg reisen. Für Vereine wie den SV Babelsberg 03 wäre dies nicht nur finanziell ein Problem: »Die Spieler sind ja teilweise irgendwo in Lohn und Brot. Du kannst ja nicht erwarten, dass jemand immer zwei Tage pro Woche Urlaub nimmt«, sagte der stellver­tretende Vorsitzende des Vereins, Christian Lippold. Wegen der weiten Fahrten und den hohen Reisekosten war die dreigleisige Regionalliga einst abgeschafft worden.

Sehr zum Unmut von Mario Kallnik, dem Manager des 1. FC Magdeburg, der in der Arbeitsgruppe des DFB zusammen mit Helmut Sandrock, dem ehemaligen Geschäftsführer des Karlsruher SC, die Interessen der 3. Liga vertritt, zeichnete sich vor der kommenden DFB-Präsidiums­tagung keine Lösung mit vier Regionalligen und vier direkten Aufsteigern ab. Kallnik zufolge stellte sich in der Arbeitsgruppe relativ schnell ­heraus, dass die Bedingungen des DFB-­Bundestages für eine viergleisige Regionalliga nicht erfüllbar seien. Auch Kochs Vorschlag, die dritte Spielklasse in zwei Ligen aufzuspalten, missfiel den Drittligavertretern. »Wä­re die 3. Liga zweigleisig, hätten wir eine echte pyramidale Ligenstruktur und mit der Bildung der dann fünf oder sogar sechs Regionalligen überhaupt keine Probleme«, sagte Koch. Ob dieses Vorhaben sich finanzieren ließe, ist allerdings zweifelhaft. Die geringen Erlöse aus Fernseheinnahmen, die den Drittligisten zukommen, müssten bei einer Aufspaltung der Liga an noch mehr Vereine verteilt werden. Ein Horrorszenario für die ohnehin schon finanziell klammen Clubs. Kochs Vorschlag hat derzeit keine Chance, von der Mehrheit der Arbeitsgruppe angenommen zu werden.

Das Präsidium des DFB teilte vergangenen Freitag mit, es habe »die Empfehlung der Ad-hoc-Kommission zur Neuregelung des Aufstiegs in die 3. Liga zur Kenntnis genommen und die Landes- und Regionalverbände beauftragt, gemeinsam mit den jeweiligen Vereinen aus der 3. Liga und den Regionalligen bis zum 15. April 2019 einen konkreten Vorschlag zur Aufstiegsregelung vorzulegen«. Verabschiedet werden soll die neue Aufstiegsregelung auf dem DFB-Bundestag, der im September kommenden Jahres stattfindet. Das Präsidium bevorzugt weiterhin die Reduzierungauf vier Regionalligen. Auch die Entscheidung für zwei Staffeln ist längst gefallen. Die Aufteilung der übrigen drei Ligen will der Dachverband den jeweiligen Landesverbänden überlassen. »Sollten die Regionalverbände Nord und Nordost sowie der Landesverband Bayern gemeinsam mit den Vereinen zu keiner Aufteilung in zwei Staffeln gelangen, hätten sie dem Bundestag eine genaue Begründung darzulegen, wie stattdessen die beiden Aufsteiger in ihrem Gebiet zu ermitteln sind«, forderte das Prä­sidium in einer Pressemitteilung.

Damit wäre das höchste Exekutiv­organ des DFB fein raus. Die wichtigen Verbände aus dem Westen und Süden, die eine große Zahl der Delegierten im Bundestag stellen, wären mit dieser Lösung zufrieden. Die drei übrigen Regionalverbände müssten sich auf einen Modus einigen, der niemandem gerecht würde. Entweder vergrößerten sich die Reiseentfernungen – und mit ihnen die finanziellen Ausgaben – oder der direkte Aufstieg bliebe unmöglich. Egal, für welche Variante sie sich letztlich entscheiden – für die Mehrheit der Amateurclubs dürfte keiner der Vorschläge zur Lösung der Probleme beitragen.