Manchmal haben die Briten recht – die gesamte Hizbollah ist eine Terrororganisation

Fiktive Flügel

Großbritannien hat die gesamte Hizbollah als Terroror­ga­ni­sation eingestuft, Deutschland und Frankreich wollen diesem Schritt nicht folgen.
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Die Mitglieder der britischen Regierung erwecken derzeit selten den Eindruck, bei klarem Verstand zu sein. In einer Frage allerdings zeigen sie besseres Urteilsvermögen als die Politiker anderer Staaten der EU. Ende Februar stuften sie die gesamte Hizbollah als terroristisch ein: »Wir können nicht länger zwischen dem bereits ver­botenen militärischen Flügel und der politischen Partei unterscheiden«, begründete Innenminister Sajid Javid das Verbot.

Die Hizbollah genießt Unterstützung über ihre konfessionelle Klientel hinaus – nicht nur schiitische Islamisten hassen Israel. Doch ihre Macht beruht auf einer gut bewaffneten Miliz. Jeder Versuch, der Hizbollah ihre Privilegien zu nehmen, würde zum Bürgerkrieg führen. Die »Partei Gottes« profitiert aber auch von ihrer diplomatischen Anerkennung – und mit ihr der Iran.

Nicht länger? Es war nie ein Geheimnis, dass die vermeintlich zivilen »Räte« der Partei, die unter anderem für Propaganda und Klientelbildung mittels Armenfürsorge zuständig sind, ebenfalls der Stärkung der Militärmacht der Hizbollah dienen, die sich dem iranischen Regime unterordnet und an dessen Bestreben mitwirkt, Israel zu vernichten. Offenbar will die britische Regierung eine mitt­lere Position in der westlichen Iran-Politik einnehmen. Großbritannien hält am Atomabkommen mit dem Iran fest, entsandte aber Mitte Februar zu einer von US-Präsident Donald Trump initiierten Konferenz in Warschau, die Verbündete für ein härteres Vorgehen gegen den Iran gewinnen sollte, Außenminister Jeremy Hunt, während andere EU-Staaten, wenn überhaupt, nur Bürokraten niederen Ranges schickten. Trump kann also zufrieden, die Iraner müssen nicht allzu verärgert sein. Möglicherweise geht es eher um die diplomatische Position Großbritanniens nach dem »Brexit« als um die iranische Bedrohung.

Dennoch trägt das Verbot zur Isolierung der Hizbollah bei und erschwert der Terrororganisation, die sich auch durch Spenden sowie legale und illegale Geschäfte im Ausland finanziert, die Geldbeschaffung. Deutschland und Frankreich halten jedoch an der Fiktion fest, es gebe unabhängig vom militärischen Flügel eine zivile Partei.

Die Hizbollah genießt Unterstützung über ihre konfessionelle Klientel hinaus – nicht nur schiitische Islamisten hassen Israel. Doch ihre Macht beruht auf einer gut bewaffneten Miliz. Jeder Versuch, der Hizbollah ihre Privilegien zu nehmen, würde zum Bürgerkrieg führen. Die »Partei Gottes« profitiert aber auch von ihrer diplomatischen Anerkennung – und mit ihr der Iran. Die Frage ist nicht ob, sondern wann dessen Aggressionspolitik zu einer größeren bewaffneten Konfrontation mit Israel führt. Deutschland und Frankreich scheuen den Bruch mit dem Iran und dessen Verbündeten. Doch auch die widersprüchliche Politik Trumps lässt keine Strategie erkennen, wie dieser Bedrohung entgegengetreten werden soll. Die Hizbollah so weit wie möglich zu schwächen, hätte Einfluss auf das Kriegsgeschehen in Syrien und die Machtverhältnisse im Libanon. Ein Beitrag zur inneren Sicherheit wäre es auch. Das Mykonos-Attentat, die Ermordung vier iranisch-kurdischer Oppositioneller in Berlin 1992, war der erste islamistische Terroranschlag in Deutschland. Drahtzieher war Kazem Darabi, der die Hizbollah-Zweigstelle in Berlin leitete.