In den Landtagen führt die AfD einen rechten Kulturkampf

Das blaue Puzzle ist komplett

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Einer der bekanntesten neurechten Ideologen ist Götz Kubitschek. Er ­beschreibt die AfD im Blog seines Magazins Sezession als parlamentarischen Arm einer Bewegung »aus Intellektuellen, Medien, Verlagen, Bürgerbewegungen, Projekten, Gesinnungsgemeinschaften, Demonstrationsbündnissen«. Ihr Ziel sei es, »für den Erhalt der ethnokulturellen Identität Deutschlands« zu kämpfen. Am Ende dieses Kampfes soll für Kubitschek und sein Umfeld eine völkische Revolte stehen, welche die politischen Verhältnisse in der Bundesrepublik grundlegend verändert.

Um diesen Kampf zu führen, nutzt die AfD ihre Fraktionen in den Land­tagen als regionale Machtzentren. »Früher wurde Neonazis parteiübergreifend der Zugang zum Landtag verwehrt, heute spaziert die extreme Rechte mit dem Hausausweis ins ­Parlament«, sagt die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linkspartei), der Jungle World. Extrem rechten Akteuren und Burschenschaftlern eröffnen sich als Mitarbeiter in den Landtagen zahl­reiche neue Karrierechancen. Darunter befinde sich laut König-Preuss in ­Thüringen »ein ehemaliges Mitglied der inzwischen verbotenen Organi­sa­tionen FAP, Nationalistische Front und Wiking-Jugend, das sich noch vor ­wenigen Jahren rühmte, mit der Neonazi-­Gruppe, die 1993 den Brandanschlag in Solingen mit fünf Toten verübte, ­gemeinsam Kampfsport trainiert zu haben«.

Auch Botsch bemerkt, dass die AfD-Fraktion in Brandenburg von einem Vorsitzenden geleitet wird, »der sich noch in den 2000ern in Neonazi Kreisen bewegt hat«. Seiner Einschätzung nach können der Landesverband und die Fraktion insgesamt als rechtsextrem eingestuft werden. »Einige Mitarbeiter haben Kontakt zu rechtsextremen Organisationen, einige ­traten wiederholt im Rahmen der ­Identitären ­Bewegung in Erscheinung«, so Botsch.

Der Umgang mit der AfD in den Landtagen ist unterschiedlich. König-Preuss stellt fest, dass die CDU in ­Thüringen die von der AfD ­gesetzten Themen teilweise übernimmt: »Einige CDU-Abgeordnete scheinen sich trotz aller Bemühungen der CDU-Bundesspitze um Distanz gut mit ­einigen AfD-Abgeordneten zu verstehen.« Im vergangenen Jahr ­bezeichnete der CDU-Fraktionsvorsitzende Mike Mohring beispielsweise die ungarische Fidesz als »unsere Partnerpartei«. Die Abschottung der EU-Außengrenzen wurde bei einem Treffen mit dem öster­reichischen Bundes­kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gelobt. Im November 2018 stimmten die ­AfD-Abgeordneten für den CDU-Kandidaten für das Amt des Landtagspräsidenten. Dieser hatte zuvor falsche Behauptungen über vermeintlich ­kriminelle Flüchtlinge verbreitet. Einigkeit zwischen CDU und AfD bestand auch bei der Ablehnung eines Mahnmals und eines Hilfefonds für die ­Opfer des NSU.

In Brandenburg gibt es Nonnemacher und Johlige zufolge Uneindeutigkeiten. Beide Politikerinnen sind sich einig, dass die CDU im Landtag einen klaren Abgrenzungskurs verfolge. Sobald es jedoch um Asylrechtsverschärfungen oder Abschiebungen gehe, übertreffe die CDU die AfD sogar in ihren Forderungen.

Im Berliner Abgeordnetenhaus sind CDU, FDP und AfD in einzelnen Fragen sogar als gemeinsam handelnde Opposition wahrzunehmen. Als in Sachsen-Anhalt die AfD im vergangenen Sommer einen Antrag mit der ­Forderung, dem Verein »Miteinander e. V.« die finanzielle Unterstützung zu entziehen, zur Abstimmung brachte, enthielten sich vier CDU-­Abgeordnete und demonstrierten damit ihre Sympathien für das Anliegen.

Die Landtage könnten sich in den nächsten Jahren zu Versuchsfeldern für eine Annäherung der Konservativen an die AfD entwickeln. Dann ist es nur noch eine Frage der Zeit bis Koalitionen möglich werden.