Offener Brief an Heiko Maas

Dialog mit Antisemiten?

Der Besuch von Heiko Maas in Teheran endete im Eklat. Will der Bundesaußenminister nicht wahrhaben, dass er es im Iran mit glühenden Antisemiten zu tun hat?

Sehr geehrter Herr Bundesaußenminister Heiko Maas,

es mag in ehrenwerter Absicht geschehen sein, dass sie zur Rettung des sogenannten Iran-Deals nach Teheran gereist sind, um einen möglichen Krieg zu verhindern, der zwischen den USA und der Islamischen Republik drohen könnte. Nur scheinen Sie sich im Vorfeld nicht wirklich informiert zu haben, um was für ein System es sich bei dieser Islamischen Republik handelt, oder aber ihre Berater im Außenamt scheinen nicht in der Lage, auch im vierzigsten Jahr der Existenz des Mullahregimes realistische Expertisen zu tätigen. Sonst wäre es wohl kaum zu so einem Eklat in Teheran gekommen, der wiederum für jeden, der sich ein wenig mit der Geschichte der Islamischen Revolution befasst hat völlig voraussehbar war.

Nun sind sie abgereist und die staatlich kontrollierte iranische Presse macht sich über sie lustig, verspottet und beleidigt Sie. Als Nazi mit einer Davidsternbrille karikiert man Sie und beschimpft Sie wüst. Warum? Weil Sie für Frieden und Verständigung eintraten? Nicht unbedingt, Frieden wollen die die Mullahs ja auch, allerdings einen zu ihren Bedingungen und die sehen notwendigerweise zumindest ein Ende des jüdischen Staates vor. Denn der verursache ja all die Kriege und Uneinigkeit in der Region und weltweit. So geht die Logik von Antisemiten und Sie haben ja nun am eigenen Leibe erfahren, dass es sich bei den Herren Zarif und Rohani um glühende Antisemiten handelt.

Da also Ihre Berater es Ihnen offenbar nicht mitgeteilt haben, hole ich die Informationen nach. Die Islamische Republik Iran (IRI) fußt zentral auf zwei ideologischen Säulen und tut dies ungebrochen seit Ayatollah Khomeini die Macht ergriffen hat:

  1. Die angestrebte Vernichtung Israels
  2. Die Ungleichheit vor dem (islamischen) Gesetz, nämlich die Unterdrückung der Frauen symbolisiert durch das Zwangskopftuch.

Verzichtete die IRI auf eine dieser beiden Säulen, bräche sie zusammen oder hörte auf, die Islamische Republik zu sein.

Über das Existenzrecht Israels redet man nicht in Teheran!

Sie haben es selbst bemerkt: Kaum kamen Sie auf Israel zu sprechen, wurden ihre Partner ganz böse und pampig. Über das Existenzrecht Israels redet man nicht in Teheran! Man kann über so gut wie alles andere reden und wird sogar hin und wieder mit einem netten Kopfnicken bedacht: Menschenrechte, Umweltschutz und vor allem so Themen wie Stabilität oder interkultureller Austausch. Aber Israel? Geht gar nicht und wird nie gehen, solange es die Islamische Republik gibt.  Eben sowenig könnten Sie übers Kopftuch reden, da stießen Sie auf die gleiche Feindseligkeit.

Sie oder irgendwer anders aus Europa können es natürlich wieder und wieder versuchen, nur: Es wird immer zum gleichen Eklat kommen. Sie würden ja auch nicht zum Papst reisen, um da über die unbefleckte Empfängnis zu reden. Ähnlich absurd ist es mit Offiziellen in Teheran über das Recht des jüdischen Staates, nicht vernichtet zu werden, sprechen zu wollen. So unschön es auch sein mag für Politiker, die an die Kraft von Diplomatie und Kompromiss glauben, diese Tatsache lässt sich auch mit gutem Willen nicht aus der Welt schaffen. Aus ihr folgt eigentlich zwingend die Anerkennung dessen, was israelische Politiker aller Couleur und sehr viele ihrer amerikanischen Kollegen seit langem verstanden haben: Die Islamische Republik ist eine durch und durch eliminatorisch antisemitische Konstruktion, die, solange es sie geben wird, als Staatsziel die Auslöschung Israels anstreben wird.

Was ist ein Friede wert, wenn es ein Friede mit erklärten eliminatorischen Antisemiten ist?

Nun stellt sich, will man ehrlich sein, einmal mehr nach Ihrer Reise die Frage: Kann ein solches Regime wirklich Dialogpartner auf gleicher Augenhöhe sein? Welches Signal sendet man mit einem solchen Besuch aus? Müsste nicht, gerade wenn man „wegen Auschwitz in die Politik“ gegangen ist, damit so etwas nie wieder geschehe, und einem die Existenz Israel am Herzen liegt, alles unternommen werden – besser mit soft power, im schlimmsten Fall auch militärisch –, damit ein solches Regime verschwindet und damit die dauernde und existenzielle Bedrohung Israels?

Was genau ist ein Friede wert, wenn es ein Friede mit erklärten eliminatorischen Antisemiten ist, die nur auf die nächste, sich bietende Gelegenheit warten? Und was wäre die Alternative? Nach Teheran reisen und gar nicht über Israel sprechen, so wenig wie über das Kopftuch oder die brutalen öffentlichen Exekutionen etwa von Homosexuellen? Um nach den Spielregeln der Islamischen Republik im Dialog zu bleiben? Oder wäre es nach Ihrem missglückten Besuch, bei dem dieses Regime einmal mehr sein Gesicht gezeigt hat, nicht endlich an der Zeit, der bitteren Wahrheit ins Gesicht zu sehen? Die da lautet, dass auch der Iran-Deal – man mag von ihm halten, was man will und ich halte sehr wenig von ihm – das grundlegende Problem, nämlich die Natur dieses Regimes, ausgeklammert hat und jeder Rettungsversuch diesen Fehler nur wiederholt?

Es mag für einen Politiker, der an Vernunft, Kompromiss und Einsicht glaubt, schwer zu verstehen sein, aber mit dem Regime in Teheran, ich wiederhole es noch einmal, kommt nur ins Geschäft, ob politisch oder ökonomisch, wer dessen Prämissen anerkennt oder teilt. Alles andere ist Augenwischerei und (Selbst)täuschung.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas v. der Osten-Sacken

 

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch