»Laut sein«
50 Jahre sind seit dem Aufstand nach den Razzien im Stonewall Inn in New York City vergangen. Warum hat es bis zur ersten Pride-Veranstaltung in Skopje so lange gedauert?
Linda Socialista: Wir hatten zwischen 2006 und 2017 eine Regierung, ich würde es sogar ein Regime nennen, das versucht hat, uns ideologisch ein Jahrhundert in die Vergangenheit zu versetzen (die Regierung der Partei Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für Mazedonische Nationale Einheit, VMRO-DPMNE, unter der Führung von Nikola Gruevski, Anm. d. Red.). Wenn es sie nicht gegeben hätte, dann wären zwischen Stonewall und unserer ersten Pride vielleicht nur 40 Jahre vergangen.
Der wegen Korruption verurteilte ehemalige Ministerpräsident Gruevski ist geflohen, um sich seiner Gefängnisstrafe zu entziehen, und hat nun Asyl in Ungarn bekommen. 2016 hatte es als »Bunte Revolution« bezeichnete Proteste gegen ihn gegeben, die zu seinem Rücktritt führten. Sie haben an den Protesten teilgenommen. Wie war es damals und was hat sich seither verändert?
Socialista: Ich bin von meiner Arbeit nach Hause gekommen, habe mich umgezogen, dann sind wir zu den Protesten gegangen. Wir waren bis spät in der Nacht draußen oder sind in der Nacht noch spontan rausgegangen, wenn andere Demonstrierende festgenommen wurden, um deren Freilassung zu fordern. Damals war ja völlig unklar, wie die Proteste ausgehen würden. Informiert haben wir uns über soziale Medien, weil man den Regimemedien damals kein Wort glauben konnte. Es war alles sehr hektisch, aber wir hatten auf der Straße das Gefühl, an einer besseren Gesellschaft zu arbeiten, und das hat uns die Kraft gegeben, weiterzumachen.
Die LGBT-Community in Skopje war bei den Protesten sehr präsent. Hat das etwas bewirkt?
Socialista: Ja, da waren viele dabei und haben die Proteste am Laufen gehalten. Das war wichtig für die Community.