Die Guerillakämpfer der ELN

»Wir haben jetzt 200 views auf Instagram«

Seite 2 – Schlachtfeld Kommunikation
Reportage Von

Der Friedensschluss der Farc mit der kolumbianischen Regierung hat im Chocó zu mehr Krieg geführt, weil die paramilitärische Gruppe Autodefensas Gaitanistas de Colombia (AGC) und der ELN um die Kontrolle der von den Farc hinterlassenen Zonen kämpfen. Darunter leidet die meist afrokolumbianische und indigene Bevölkerung. Immer wieder flüchten die Menschen aus ihren Siedlungen vor den Kämpfen. Der staatlichen Ombudsstelle und Beobachtern an Ort und Stelle zufolge werden immer mehr Jugendliche aus den Gemeinden rekrutiert.

Eine friedliche Beilegung des Konflikts ist nicht in Sicht. Die 2017 aufgenommenen Friedensverhandlungen zwischen dem ELN und der Regierung hat der rechtskonservative Präsident Iván Duque Anfang dieses Jahres ab­gebrochen, nachdem die »Urbane Front« des ELN einen Autobombenanschlag auf eine Polizeischule verübt und 22 Menschen getötet hatte.

Nichts für Langschläfer. Die Guerilla beim Frühsport.

Bild:
Tatyana Zambrano

Einen Tag nach der Feier, einige Kilometer weiter flussabwärts in einer kleinen Siedlung am Flussufer des Río San Juan. Junge Guerilleros hocken vor den für die Region typischen, aus Holz­brettern zusammengenagelten Hütten. Manche tippen auf ihren Smartphones, die sie statt eines Buchs über Che Guevara oder Camilo Torres bei ihrem Eintritt in die Organisation geschenkt bekommen haben. Vor einer der Herbergen steht eine Satellitenschüssel, da­neben liegen vier Solarpanels in der feuchten Tropenhitze, von denen aus mehrere Kabel durch ein Fenster ins Innere der Hütte führen. Die Kabel ­enden in Laptops, Kameras und Tablets. Ein Modem blinkt, Musik einer Spotify-Playlist schallt aus einer USB-Box. ­Zwischen dem Kabelsalat und mobilen Endgeräten sitzen Uriel, eine junge Frau namens Lucia und ein Graphikdesigner, der nicht mit der Presse reden darf. Sie tragen Outdoor-Kleidung, sitzen auf Campingstühlen und arbeiten. »Reichst du mir mal den USB-Stick?« heißt es hier. »Wir haben jetzt 200 views auf Instagram.« »Ruhe bitte – Uriel muss ein Statement fürs Radio einsprechen.« Wären ringsherum nicht Dschungel und Bretterbuden, könnte man meinen, dies alles spiele sich in einer urbanen Kommunikationsagentur ab.