Die Guerillakämpfer der ELN

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Seite 6 – Feierpflicht für Guerilleros
Reportage Von

Anders als die Farc, die alle möglichen Angelegenheiten des Zusammenlebens teils streng reglementierten, überlässt der ELN dies weitgehend der Eigeninitiative der Bevölkerung. In seinen Kern­regionen im Nordosten des Landes ist das Verhältnis des ELN zur sozialen ­Basis eng. In Gegenden, in denen das Militärische im Vordergrund steht, wie im Chocó, agiere die Guerilla eher autoritär, sagen Beobachter. Murillo und die Dorfgemeinde müssen daher selbst sehen, wie sie das Geld für die Reparatur der kaputten Reisdreschmaschine auftreiben. Sie hätten schon ­einen Plan. »Im Oktober sind Regionalwahlen. Wir verkaufen die Stimmen aller Gemeindemitglieder an einen Kan­didaten, dann haben wir das Geld zusammen«, so der Dorfvorsteher. Solange müssen sie die Reiskörner noch mühsam mit einem großen Mörser von der Schale trennen.

Am Abend, als sich die Hitze allmählich verzieht, steht in der Holzhütte des Kommandanten eine Funkkon­ferenz mit den Einheiten der Westfront auf dem Programm, mit der noch einmal an den 55. Jahrestag erinnert werden soll. Alle Guerilleros müssen daran teilnehmen. Wenn es um den inneren Zusammenhalt geht, sind die Inhalte und Formen noch die alten. »Wo es Unterdrückung gibt, wird es Widerstand geben«, spricht Uriel immer wieder laut ins Funkgerät. Stramm stehen die ­Guerilleros. Sie müssen Texte vorlesen, in denen an die Märtyrer und die Gründe für den bewaffneten Kampf erinnert wird. Es werden Losungen ­gerufen (»Nicht ein Schritt zurück, Revolution oder Tod«) und Hymnen gesungen. Eine handelt davon, wie sich die Armen mutig zum Endkampf zusammenfinden und der Unterdrückung der Menschheit ein Ende bereiten; dass  weder Gott noch die Tribunen das Volk erlösen werden, sondern dieses sich selbst. Es ist »Die Internationale«.

* Name von der Redaktion geändert.