Streit um Sterbehilfe

Das Recht aufs Gift

Seite 3 – Keine geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung

Konkret heißt das, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den Kauf eines letztlich tödlichen Betäubungsmittels schwer oder unheilbar Erkrankten erlauben muss. Aber eben nur in »extremen Einzelfällen«: Im Mai beschied das Bundesverwaltungsgericht die Klage eines nicht kranken Ehepaars negativ. Wie der Tagesspiegel berichtete, hatte das BfArM bis Februar keinen einzigen der seitdem mehr als 120 gestellten Genehmigungsanträge positiv beschieden, und zwar auf Anweisung aus dem Bundesgesundheitsministerium.

Wenn der Gesetzgeber den rechtlichen Rahmen schaffen muss, das Grundrecht auf Suizid zu verwirklichen, wie Verfassungsrichter Andreas Voßkuhle in der Verhandlung sagte, stellt sich die Frage, ob der Paragraph 217 des Strafgesetzbuchs, der die »geschäftsmäßige Förderung« der Selbsttötung seit 2015 unter Strafe stellt, mit der Verfassung vereinbar ist. Gemeint ist damit jede Hilfe beim Suizid, die kein Einzelfall, sondern auf Wiederholung angelegt ist. Straffrei bleibt, »wer selbst nicht geschäftsmäßig handelt«, Angehöriger oder Vertraute ist. Im April hat das Bundesverfassungsgericht über den Paragraphen verhandelt, nachdem Sterbehilfevereine und Palliativmediziner Verfassungsbeschwerde eingelegt hatten.

Pia Lorenz kritisiert in dem Magazin Legal Tribune Online die »mangelnde Bestimmtheit« des Gesetzes für Ärzte: »Wer ­einmal beim Suizid hilft und dabei auch nur die Absicht hat, in einem ähnlich drastisch gelagerten Fall wieder zu assistieren, könnte bereits ›geschäftsmäßig‹ handeln und sich damit nach Paragraph 217 StGB strafbar machen.« Ohne Sterbehilfevereine und ohne ­Ärzte, die keine Angst vor Strafverfolgung haben müssten, sei »ein Grundrecht auf einen selbstbestimmten Tod nur noch graue Theorie«.