Systemwechsel statt »Green New Deal«

Klima oder Kapitalismus

Seite 4 – Die Kunst der repressiven Toleranz

Wirklich etwas erreichen kann nur ein breiter und vielfältiger Widerstand. In der Bundesrepublik waren 90 Atomkraftwerke geplant, der Protest gegen eine Allparteienkoalition der Befürworter trug dazu bei, dass nur 22 errichtet wurden – was schlimm genug ist. Der Braunkohleabbau im Hambacher Forst wurde vorläufig gestoppt durch die Kombination aus großen Demonstrationen, dem BUND, der vor Gericht zog, und den hartnäckigen Besetzern, die in Baumhäusern ausharrten.

Es gibt esoterische und reaktionäre Gruppen und Tendenzen, aber die Klimaschutz- und Umweltbewegung ist nicht stockkonservativ und faschistisch. Die Kollaboration von Linken mit Ökonazis, bis in die Anfänge der Grünen praktiziert, würde heute sofort skandalisiert. Problembewusstsein ist vorhanden, das zeigen einschlägige Veranstaltungen, etwa auf dem Klimacamp demnächst bei Leipzig. Die »Fridays for Future«-Bewegung mag naiv sein und ihr könnte eine baldige Vereinnahmung drohen. Ein viel grundsätzlicheres Problem ist aber, dass der Kern der deutschen Industriearbeiterklasse, ­organisiert bei der IG Metall, weiterhin die Klassenkollaboration favorisiert. Politik und Kapital perfektionieren die Kunst der repressiven Toleranz, während in den achtziger Jahren noch als Kommunist geschmäht wurde, wer für Mülltrennung eintrat. So ist das Leben.

Trotz alledem bleibt einem dennoch gar nichts anderes übrig, als möglichst viele Junge wie Alte für die Losung »System change, not climate change« zu gewinnen.