Protest gegen Uber und Co.

»Wildwest-Zustände in der Taxibranche«

Seite 3 – »Arbeitsbelastung erheblich gestiegen«
Interview Von

Wie verändert diese Technik Ihren Arbeitsalltag?
Meier: Beim Sprachfunk war es unver­meidlich, dass alle Fahrer immer über die Auftragslage im Bilde waren, weil jeder Auftrag und jedes Gespräch für alle auf dem Kanal hörbar waren. Heute müssen wir umständlich in der App nachsehen, welche Halteplätze in der letzten Zeit »besonders gut liefen«. Nicht zuletzt konnten wir über Sprachfunk jederzeit Kollegen zu Hilfe rufen, die immer schnell zur Stelle waren, um renitente Fahrgäste zu beruhigen. Das gibt es heute überhaupt nicht mehr. Jeder ist auf sich allein gestellt.
Seit der Einführung von GPS überwacht die Zentrale, an die in Berlin circa 5 000 von 8 200 Taxen angeschlossen sind, unsere Standorte und Fahrstrecken. Mit taxi.eu hat der Betreiber »Taxi Berlin« eine eigene App auf den Markt gebracht, mit der auch die Kunden jederzeit sehen, wo wir gerade sind.
Mit den Apps haben zusätzliche Abrechnungs­systeme wie Paypal Einzug gehalten, die müssen wir alle bedienen können. Das hört sich einfach an, auf­grund der Vielzahl der Abrechnungsarten und der Eile, in der alles erfolgen muss, ist die Arbeitsbelastung dadurch jedoch erheblich gestiegen. Erst mit den Apps konnten neue Vermittler Billigkonkurrenz wie die Plattform »mytaxi« durchsetzen. Sie ist vor kurzem an ein Joint Venture von BMW und Mercedes-Benz verkauft worden und vermittelt nun unter der neuen Bezeichnung »free now« sowohl Taxen als auch Mietwagen. Damit wird das Taxigewerbe ­weiter unter Druck gesetzt.

Wieso ist es trotzdem so schwer, Taxifahrer gewerkschaftlich zu organisieren?
Meier: Die meisten Taxis wurden von selbst fahrenden Unternehmern betrieben, die sich für die Nacht- und Wochenendschichten Studierende holten. Unter diesen Umständen brauchte niemand eine Gewerkschaft. Heute sitzen in etwa 6.000 Berliner Taxis Angestellte, die weniger als den gesetzlichen Mindestlohn verdienen. Da es chon vorher keine gewerkschaftliche Präsenz im Taxigewerbe gab, und die meisten heutigen Taxibetriebe in einem gewerkschaftsfernen migrantischen Kontext gegründet wurden, liegt der Aufbau einer mächtigen Interessenvertretung der angestellten Fahrerinnen und Fahrer noch vor uns.