Puerto Rico nach dem Rücktritt von Ricardo Rosselló

Der Gouverneur geht, die Junta bleibt

Seite 3 – »Schaffen wir es?«

Bedeutend für den Erfolg der Protestbewegung war die Tatsache, dass sich prominente Künstler wie Ricky Martin, Residente, der ehemalige Sänger von Calle 13, und der Reggaetón-Star Bad Bunny den Protesten anschlossen und bei mehreren Demons­trationen an der Spitze marschierten. »Afilando los Cuchillos« (Die Messer schärfen) heißt der Song, den Residente und Bad Bunny schrieben und in dem sie den Rücktritt Rosellós verlangten. Das habe dazu beigetragen, dass die jüngere Generation ebenfalls auf die Straße zog, um sich gegen eine »ignorante, respektlose Politik von oben« zu wehren, so René Pérez Joglar alias Residente. Er hatte zu der Demonstration am 24. Juli mit aufgerufen und am 25. Juli provokant gefragt: »Schaffen wir es?«

Das haben sie. Rosselló, dessen Vater bereits Gouverneur war und dessen Familie zu den reichsten und einflussreichsten Puerto Ricos gehört, ist am 2. August zurückgetreten. Pierluisi, der Wunschnachfolger der Familie Rosselló, begann seine politische Karriere unter dem damaligen Gouverneur ­Pedro Rosselló und wurde am Wochenende vor dem Repräsentantenhaus als Gouverneur vereidigt. Er muss diese Woche noch vom Senat bestätigt werden. Dann soll er bis zum November 2020 regieren, wenn Wahlen anstehen – und die Anerkennung als 51. Bundesstaat der USA, die längst nicht alle Puerto-Ricaner wünschen. Das Thema könnte ebenso wie die ­ungeliebte finanzielle Zwangsverwaltung durch die USA in den kommenden Monaten zur vieldiskutierten Frage auf der Insel werden.

Der Senatspräsident Thomas Rivera Schatz, dem nachgesagt wird, selbst gern Gouverneuer werden zu wollen, bezweifelte am Mittwoch vergangener Woche, dass Pierluisi den nötigen politischen Rückhalt in den beiden Kammern des Parlaments habe. Auch in den sozialen Medien wird der designierte Gouverneur kritisiert. Dort wird er oft als »Thronfolger« und als Mitglied einer Bande von korrupten Machos bezeichnet. Es wird sich zeigen, ob der »revolutionäre Akt«, den der puerto-ricanische Politikwissenschaftler José J. Colón in dem erzwungenen Rücktritt Rossellós sieht, zu einer dauerhaften politischen Veränderung führt.