Wassermangel in Indien

Auf dem Trockenen

Seite 3 – Feuchtgebiete schrumpfen

Obwohl die 125 Quadratkilometer großen Feuchtgebiete gemäß dem sogenannten Ramsar-Abkommen, dem 1975 in Kraft getretenen internationalen Übereinkommen über Feuchtgebiete, 2002 unter Schutz gestellt wurden, baut und plant auch die bengalische Regierung weitere Straßen durch dieses Biotop. Dabei sind die Feuchtgebiete auch für die Reinigung der Luft Kolkatas bedeutend und halten die Temperaturen moderat. Das scheint die Regierung ebensowenig zu interessieren.

1.600 Kilometer weiter südlich sind die Folgen solcher Politik bereits zu sehen. In der neun Millionen Einwohner zählenden Metropole Chennai im Bundesstaat Tamil Nadu (früher Madras) kommt das Wasser seit Juni mit dem Zug aus dem benachbarten Bundes­staat Kerala, weil die eigenen Wasserreserven aufgebraucht sind. Ein Grund für den Wassermangel ist auch, dass der Monsun in Chennai dieses Jahr erneut zu spät eintrifft.

Doch die Wasserkrise hat vorwiegend lokale Ursachen: Die sich ehemals über 200 Quadratkilometer erstreckenden Feuchtgebiete vor den Toren der Stadt besaßen 1980 noch eine Fläche von 186,3 Quadratkilometer. Mittlerweile sind sie auf nur noch 15 Prozent ihrer einstigen Größe geschrumpft, wie eine Studie des Care Earth Trust zeigt. Hauptgründe sind der Boom von IT-Unternehmen im Süden von Chennai und das Wachstum des Immobilienmarkts im Allgemeinen. So werden 35 Prozent des Wassers für die wachsende Bevölkerung Chennais vom 235 Kilometer entfernten See Veeranam herangepumpt. Zusätzlich wird in großem Maß Grundwasser ­abgezapft. Wegen der Verdichtung in der Metropole haben sich die Grundwasserreservoirs nicht wieder aufgefüllt und dürften in naher Zukunft komplett ausgetrocknet sein.