Rechte Hegemonie in Ostdeutschland

Aufmarsch Ost

Seite 6 – Autoritäre Formierung

Die Fokussierung politischer Arbeit auf die Wahlen als die Stelle, an der die bedrohliche gesellschaftliche Entwicklung aufzuhalten sei, verkennt, dass eine autoritäre und nationalistische Formierung längst im Gange ist. Die Asylrechtsverschärfungen, Abschiebungen und repressiven Polizeigesetze, neonazistische Strukturen in den Sicherheitsbehörden und rechter Terror auf den Straßen, von Deutschland finanzierte Folterlager in Libyen, das Massensterben im Mittelmeer – all das findet be­reits statt.

Dies wird auch im Kleinen sichtbar. Um ein »Ghetto von arabischstämmigen Migranten« im Dresdner Viertel Ferdinandstraße zu verhindern, stellte die »Bürgerfraktion« einen Antrag im Stadtrat: Die Stadt solle darauf hinwirken, dass der Anteil migrantischer Bevölkerung 30 Prozent nicht überschreite, um den »Wechsel der ethnischen Mieterstruktur« aufzuhalten. Das ist die rassistische These von der »Umvolkung«. Der Antrag wurde mit 31 zu 30 Stimmen abgelehnt. Bis auf den Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) stimmten alle Abgeordneten von CDU, FDP, AfD und Bürgerfraktion dafür.

Selbstverständlich würde sich die Lage mit der AfD in der Regierung noch verschlimmern. Wer jedoch daraus schlussfolgert, man müsse das kleinere Übel unterstützen, wird irgendwann feststellen, dass so jeder schleichende Rückschritt legitimiert wird. Die gesteigerte Aktivität von Initiativen gegen rechts ist ein gutes Zeichen. Sie kann aber nur Erfolg haben, solange sie nicht beim Aktivismus vor Wahlen stehenbleibt, sondern der rechten Hegemonie die Räume streitig macht – oder zumindest dafür sorgt, dass die autoritären Charaktere wieder Angst haben, offen auszusprechen und zu verwirklichen, was sie denken. Vor den Wahlen ist das genauso wichtig wie danach, und auch dort, wo man sich noch vermeintlich sicher fühlt.