Wirtschaftsrezession in Deutschland

Die Null bleibt schwarz

Seite 3 – Marode Infrastruktur

Kein Wunder also, dass nunmehr nach staatlicher Unterstützung verlangt wird. »Es liegen trübe Monate vor uns, die drohen, Jahre zu werden, wenn die Politik nicht gegensteuert«, klagte jüngst Joachim Lang, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI), und stellte einen der zentralen Glaubenssätze der Bundesregierung in Frage. Die »schwarze Null« müsse angesichts der »fragilen konjunkturellen Lage auf den Prüfstand«, sagte er, »finanzpolitisch muss Deutschland jetzt umschalten«. Die Zinsen seien auf einem historisch niedrigen Stand, daher ergebe die Spar­politik keinen Sinn mehr.

Weil die Absatzmöglichkeiten auf dem Exportmarkt schwinden, richtet sich das Interesse der Wirtschaft auf den Binnenmarkt. So schlägt Michael Hüther, der Direktor des unternehmernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die Gründung eines »Deutschlandfonds« vor. Dieser soll Mittel in Höhe von 450 Milliarden Euro erhalten, um in Infrastrukturmaßnahmen, Verkehr, Digitalisierung, Klimawandel und Bildung zu investieren.

Tatsächlich hat Deutschland in diesen Bereichen großen Nachholbedarf. Obwohl es, gemessen am Bruttosozialprodukt pro Kopf, zu den reichsten Ländern der Welt gehört, sind viele Straßen, Brücken und Bahntrassen marode. In zahlreichen Kommunen fehlen dringend notwendige Mittel, um Schulgebäude und Kindergärten zu sanieren und bedarfsgerecht auszubauen. Das digitale Netz erfüllt vor allem in ländlichen Gebieten häufig nicht einmal minimale Standards, während man etwa in Bulgarien und Rumänien selbst in abgelegenen Gebieten kaum Funklöcher findet. Die Immobilienpreise steigen auch deshalb in erheblichem Maß, weil der Staat in den ver­gangenen Jahren kaum noch in den Wohnungsbau investierte.