Wirtschaftsrezession in Deutschland

Die Null bleibt schwarz

Seite 4 – Loyaler Nachfolger

Der Vorwurf, Deutschland investiere zu wenig und konzentriere sich ein­seitig auf den Export, wurde spätestens seit der Finanzkrise 2008 immer wieder erhoben, beispielsweise von linken Parteien in Europa. Er prallte jedoch regelmäßig an den Vorstellungen des damaligen deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble (CDU) ab, der stattdessen die »Schuldenbremse« und die »schwarze Null« zur Grundlage seines Handelns erklärte. Die damalige Bundesregierung änderte 2009 sogar das Grundgesetz und legte Beschränkungen für die staatliche Kreditaufnahme verfassungsrechtlich fest. Auch die deutschen Wirtschaftsverbände bezeichneten damals die Sparpolitik als alternativlos.

Mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat Schäuble einen loyalen Nachfolger bekommen, der von diesen Vorgaben nicht abweicht. So sagte Scholz vergangene Woche, dass nicht viel Geld für neue Investitionsprogramme zur Ver­fügung stehe. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht »derzeit ­keine Notwendigkeit für ein Konjunkturpaket«. Die Bundesregierung will an dem Ziel eines ausgeglichenen Haushalts festhalten. Lediglich Bundes­arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will Vorbereitungen für eine drohende Rezession treffen. In der vergangenen Woche stellte er in Auszügen ein geplantes Gesetz vor, das unter anderem die staatliche Zahlung von Kurzarbeitergeld für Beschäftigte angeschlagener ­Unternehmen erleichtern und Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitnehmer fördern soll.

Die Haltung des Bundesfinanzministers und der Bundeskanzlerin könnte sich aber ändern, wenn die Rezession mit voller Wucht einsetzt. »Niemand hat die Absicht, einer Krise hinterherzusparen«, zitiert der Spiegel einen Konjunkturexperten der Bundesregierung. Dass diese auch anders kann, zeigte sich in der Finanzkrise vor zehn Jahren. Damals legte die Bundesregierung ein milliardenschweres Konjunkturprogramm für die Autobranche auf, das als »Abwrackprämie« bekannt wurde. Wer ein neues Fahrzeug erwarb, erhielt einen staatlichen Zuschuss. Doch dieses Programm lässt sich nicht mehr wiederholen. Einfach noch mehr Autos verkaufen – damit wird das deutsche Modell diesmal sicher nicht zu retten sein.