Zwangsunterbringung von Behinderten

Ab ins Heim

Menschen, die künstlich beatmet werden, könnten bald gegen ihren Willen in Heimen landen. Die Betroffenen organisieren den Widerstand.

Bei Beatmung ab ins Heim – das jedenfalls befürchten viele als Folge des neuen Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetz (RISG), dessen Entwurf das Bundesgesundheitsministerium kürzlich vorgestellt hat.

Nach Darstellung des Ministeriums sollen durch das Gesetz Intensivpflegebedürftige besser versorgt und Abrechnungsbetrug verhindert werden. Notwendig seien die Maßnahmen, weil die Zahl der Menschen mit hohem pflegerischen Bedarf, die zu Hause versorgt werden, auch dank des technischen Fortschritts stark gestiegen sei. Es sei jedoch auch von Fehlversorgung sowie von Fehlanreizen auszugehen. Vor einer Entlassung aus dem Krankenhaus würden die Patienten von der Beatmung oft nicht ausreichend entwöhnt, was die Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtige. Erhebliche Unterschiede in der Vergütung im ambulanten und im stationären Bereich führten zu Fehlanreizen, heißt es in der Gesetzesbegründung. Im Mai hatte die Polizei einen Abrechnungsbetrug von Pflegediensten bei der Betreuung von Beatmungspatienten in mehreren Bundesländern aufgedeckt.

Die geschilderten Probleme versucht der für seinen Aktionismus bekannte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nun offenbar auf die harte Tour zu lösen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass alle volljährigen Menschen mit intensivem Pflege- und Beatmungsbedarf in vollstationären Pflegeeinrichtungen, Heimen und speziellen Wohneinrichtungen versorgt werden sollen. Nur wenn das nicht möglich oder nicht zumutbar ist, könnten die Pflegebedürftigen in ihrer heimischen Wohnung bleiben. Ob die Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist, soll individuell anhand der persönlichen und familiären Umstände sowie der örtlichen Gegebenheiten geprüft werden. Für sogenannte Altfälle soll es eine Übergangsfrist von drei Jahren geben.