Der »Ärzteappell« prangert die zustände an deutschen Kliniken an

Abrechnen mit dem Leidensdruck

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Der »Ärzteappell« richtet sich hingegen eher an die Öffentlichkeit und fordert politische Maßnahmen. Es gibt bereits positive Reaktionen. »Die Gesundheitsversorgung muss sich nach dem Bedarf der Patientinnen und ­Patienten und nicht nach betriebswirtschaftlichen Anreizen richten«, sagte etwa Maria Klein-Schmeink, die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, nach der Veröffentlichung.

Trotz des vielen Zuspruchs für den »Ärzteappell« gibt es sie nach wie vor: die Verteidiger der Fallpauschalen. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag, warnte in der Ärztezeitung vor einer grundlegenden Veränderung des Abrechnungssystems und machte andere Gründe für die Misere aus: »Wesentlich ist nicht die Art der Abrechnung, sondern wie manche Kliniken sie missbrauchen.« Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) erhob Einspruch gegen den Appell. »Der Wunsch, die Krankenbehandlung von der Finanzierung des Krankenbehandlungssystems zu entkoppeln, mag sozialethisch ehrenwert sein, er führt in der Realität, wie viele staatsfinanzierte Gesundheitssysteme zeigen, aber zu keiner besseren Versorgung. Die Gesundheitswesen der sozialistischen Länder und das englische Gesundheitssystem machen dies mehr als deutlich«, sagte Georg Baum, der Hauptgeschäftsführer der DKG.

Wer die Abrechnung per Fallpauschale abschaffen will, muss also mit Widerstand rechnen. Der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich ­bislang nicht zum »Ärzteappell« geäußert. Unabhängig vom Abrechnungssystem, von Appellen und Kodizes könnten Mediziner jedenfalls auf bekannte ethische Grundsätze zurückgreifen: auf den Hippokratischen Eid. Er stellte ­bereits vor über 2 000 Jahren folgende Maxime auf: »Meine Verordnungen werde ich treffen zu Nutz und Frommen der Kranken, nach bestem Vermögen und Urteil; ich werde sie bewahren vor Schaden und willkürlichem Unrecht.«