Ist die Sitcom »Friends« schwulenfeindlich?

Homophil statt homophob

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Und diese Witze sehen beispielsweise folgendermaßen aus: Phoebe trifft einen schwulen Freund, in den sie heimlich verliebt ist. Die beiden haben geheiratet, damit er, ein Kanadier, eine Green Card bekommen konnte. Er gesteht der schockierten Phoebe, dass er die Scheidung wolle, denn er habe eine Frau kennengelernt. Phoebes schwuler Schwarm entpuppt sich als Hetero, und genau so, wie normalerweise Schwule ihre ­Sexualität beim Coming-out gestehen, redet er jetzt darüber, in eine Frau verliebt zu sein: »Ich habe mich betrunken, bin in eine Hetero-Bar ­gegangen und am nächsten Morgen neben einer Frau aufgewacht. Ich habe mir gesagt, es sei der Alkohol gewesen, und jeder experimentiert mal. Aber ich habe keine Macht darüber.« Was soll an dieser klugen und witzigen Umkehrung homophob sein?

Weibliche Superhelden: Monica als Catwoman und Phoebe als Superwoman liefern sich auf einer Party ein Wortgefecht.

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Auch eine andere Szene wird gezeigt, in der Chandler von einer Arbeitskollegin für schwul gehalten wird. Als er das seinen Freunden ­erzählt und sie fragt, woran das liegen könnte, ob es vielleicht an seinen Haaren liege, antwortet Phoebe spröde: »Ja, du hast homosexuelles Haar.« Der Witz ist am Ende nicht der, dass Chandler für schwul gehalten wird, sondern dass seine Kollegin ihn mit einem Arbeitskollegen verkuppeln wollte, der Chandler nicht gefällt, was ihn beleidigt zurücklässt, weil die Kollegin ihm keinen hübscheren Mann ausgesucht hat.

Nur in einer Sitcom vorher, nämlich in »Roseanne«, hatte es eine Ehe nicht zwischen Frau und Mann, sondern in dem Fall zwischen zwei Männern gegeben.

Dass Homosexualität in »Friends« nicht als etwas dargestellt wird, das hassenswert oder angsteinflößend ist, dafür lassen sich unzählige Beispiele finden. Eins davon ist die Hochzeit von Ross' ehemaliger Frau Carol mit ihrer Lebensgefährtin Susan, mit der sie auch den Sohn von Ross aufzieht (Patchwork-Familie anno 1994). Zwar war die Ehe für homosexuelle Paare damals noch gar nicht möglich, trotzdem wurde 1996 in der entsprechenden Episode eine große Feier für das Paar ausgerichtet. Einen Kuss durfte es zwischen den Neu­vermählten allerdings nicht geben, denn dafür, so nahm man an, sei das Fernsehpublikum noch nicht bereit gewesen.

Nur in einer Sitcom vorher, nämlich in »Roseanne«, hatte es eine Ehe nicht zwischen Frau und Mann, sondern in dem Fall zwischen zwei Männern gegeben. Getraut wurden Carol und Susan in der Folge ausgerechnet von Candace Gingrich, der LGBT-Aktivistin und Schwester des konservativen Republikaners Newt Gingrich. Von Susan-Darstellerin Jane Sibbett stammt auch ein Statement zu den Vorwürfen, das sie erst in diesem Jahr gegenüber dem NBC-Magazin »Today« machte: »Wir haben uns nie über das Schwulsein lustig gemacht. Wir haben uns über Leute lustig gemacht, die es nicht verstanden haben, denen die Idee unangenehm war, dass wir zusammen waren.«