Der Fleischkonzern Tönnies geht juristisch gegen seine Kritiker vor

Protest gegen die Knochenarbeit

Seite 2

Die »Aktion gegen Arbeitsunrecht« organisiert jährlich an einem Freitag, dem 13., Kampagnen gegen ausbeuterische Firmen. In der Vergangenheit traf es die Supermarktkette Real, den Lieferdienst Deliveroo und das Hotel­gewerbe. Besonderes Augenmerk liegt auf den unteren Segmenten des Arbeitsmarkts, in denen häufig Arbeitsmigranten tätig sind und Gewerkschaften kaum eine Rolle spielen.

Der Name Tönnies steht wie kein zweiter für die Industrialisierung der Fleischproduktion. Der Konzern schlachtet jedes Jahr mehr als 20 Millionen Schweine. In Rheda-Wiedenbrück, wo sich der Unternehmenshauptsitz befindet, verfügt er über eine ­eigene Autobahnabfahrt, über die jeden Tag Hunderte Transporter rollen, um 26 000 Schweine allein an diesem Standort zur Schlachtung zu bringen. Vor allem Arbeiter aus Rumänien, Bulgarien, Polen und Ungarn töten die Tiere, zerlegen und verpacken das Fleisch, das schließlich zu niedrigsten Preisen unter anderem in Discountern wie Aldi oder Lidl verkauft wird.

Und die Zeichen stehen auf Expansion. Zwar sank der durchschnittliche Fleischkonsum der Deutschen zuletzt leicht, doch Tönnies geht es um andere Absatzmärkte. »Der Weltmarkt hat eine sehr, sehr intensive Mengensteigerung im Bedarf für Fleisch«, sagte er bereits 2012.

Tatsächlich ist der Umfang der deutschen Fleischexporte in den vergangenen zehn Jahren stark gewachsen. Deutschland verfügt über den fünftgrößten Bestand an Schweinen weltweit. Seit Jahren wird hierzu­lande mehr Fleisch hergestellt als verbraucht. Vor allem China wurde zuletzt als Abnehmer immer wichtiger. Seit einem Jahr wütet dort das Afrikanische Schweine­fieber. »In normalen Jahren wurden zuletzt rund 300 000 Tonnen Schweinefleisch nach China exportiert. Wir gehen davon aus, dass sich diese Zahl in diesem Jahr annähernd verdoppeln dürfte«, sagte ein Branchenvertreter im Mai der »Tagesschau«. Das sind Hunderttausende Tonnen Fleisch mehr, die in Deutschland hergestellt, eingefroren und nach Asien verschifft werden.

Die Arbeiter, die dieses Fleisch bei Tönnies herstellen, schuften unter härtesten Bedingungen. Die meisten von ihnen – der Konzern selbst spricht von 50 Prozent, Gewerkschaften und Kritiker schätzen bis zu 80 Prozent – verfügen nur über Werkverträge und werden der Firma von Subunternehmern zur Verfügung gestellt. Diese rekrutieren Beschäftigte vor allem in Osteuropa.