Die Gedenkstätte in der belgischen Festung Breendonk, in der die SS einst Häftlinge folterte

Die Hölle von Breendonk

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Reportage Von

Den Balken, an dem die Menschen in Breendonk aufgehängt wurden, sieht man, wenn man nach dem endlos erscheinenden Gang durch die Katakomben des Forts endlich wieder ins Freie gelangt und längs der Außenmauern der Festung Richtung Ausgang strebt. Dort passiert man auch die Stelle, wo Erschießungen stattfanden.
Roden berichtet, die SS habe versucht, die Spuren der hier begangenen Gräuel zu verwischen, bevor sie das Fort im Spätsommer 1944 wegen der heranrückenden alliierten Truppen räumte. Als deren Vorhut vor 75 Jahren, am 2. September 1944, Breendonk ­erreichte, war niemand mehr da. Die Gefangenen hatte man in Konzen­trationslager in Deutschland und den Niederlanden gebracht, ihre Bewacher waren nach Deutschland geflohen.

Nach dem Krieg waren zunächst mutmaßliche belgische Kollaborateure in Breendonk inhaftiert. Im August 1947 wurde das Fort zur nationalen Gedenkstätte erklärt. Wie Roden berichtet, besuchen seither im Schnitt 100 000 Menschen pro Jahr die Stätte, die meisten davon aus Belgien.


Nach dem Krieg

Dem Lagerkommandanten Schmitt wurde 1949 in Antwerpen der Prozess gemacht, 1950 wurde er hingerichtet. Es war das letzte Mal, dass der belgische Staat die Todesstrafe vollstreckte. Auch der flämische SS-Mann Wyss war von einem belgischen Gericht zum Tode verurteilt und bereits 1947 erschossen worden. De Bodt, der sich 1944 nach Deutschland abgesetzt hatte, wurde erst 1951 aufgegriffen, als er unter falschem Namen nach Belgien einzureisen versuchte. In Deutschland hatte er bis dahin in der französischen ­Besatzungsarmee gedient. Bei seiner Festnahme trug er noch deren Uniform. Auch er wurde zunächst zum Tode verurteilt, doch die Strafe wurde in ­lebenslängliche Zwangsarbeit umgewandelt. 1975 starb er 66jährig im ­Gefängnis.

Améry wurde am 5. November 1943 in die Kaserne Dossin verlegt und von dort aus mit dem 23. Transport aus Mechelen am 15. Januar 1944 nach Auschwitz. Er überlebte und siedelte sich in Brüssel an.
Von Prauss, der ebenfalls 1944 nach Deutschland flüchtete, verlor sich nach dem Krieg jede Spur. Ein Augenzeuge will ihn im Februar 1947 gemeinsam mit De Bodt in Hannover gesehen ­haben. »Es geht ihm vielleicht gut zur Stunde und er fühlt sich wohl in seiner gesundgeröteten Haut, wenn er vom Sonntagsausflug im Auto heimkehrt«, spekulierte Améry in »Die Tortur« über den Folterer von Breendonk.

»Dass man aber den lebenden Menschen schon im Leben halb und halb zum Raub des Todes machen kann, dies wird erst in der Tortur erfahren«, schrieb er. »Wer gemartert wurde, bleibt waffenlos der Angst ausgeliefert. Sie ist es, die fürderhin über ihm das Zepter schwingt.« Zwei Wochen vor seinem 66. Geburtstag nahm sich Jean Améry 1978 das Leben.