Literaturwissenschaftlerin Elisabeth Frenzel

Eine ausgezeichnete Antisemitin

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Frenzels Dissertation wurde von den Nationalsozialisten begeistert aufgenommen. Ihr Doktorvater Julius Petersen kritisierte zwar die sprach­liche Gestaltung, die »den Zusammenhang zu gegenwärtiger völkischer Kampfliteratur nicht verleugnen lässt«, trotzdem hielt er die Arbeit aber für wissenschaftlich ange­messen und bewertete sie mit der Note »Gut«. Noch mehr Zuspruch ­erhielt die Dissertation im publizis­tischen Parteiorgan der NSDAP, dem Völkischen Beobachter, wo sie als »Vorbild moderner Wissenschaft« gelobt wurde. 1943 wurde eine gekürzte Fassung der Dissertation als Broschüre in der »Schriftenreihe zur weltanschaulichen Schulungs­arbeit der NSDAP« veröffentlicht.

Obwohl schon 1951 Elisabeth Frenzels NS-Vergangen­heit ans Licht gebracht worden war, konnte sie weitgehend problemlos ihre Karriere fortsetzen.

Die Dissertation war nur der Beginn von Elisabeth Frenzels Karriere im NS. Von 1940 an arbeitete sie am Institut zur Erforschung der Judenfrage und wurde ein Jahr später Leiterin des Theateramts im Amt Rosenberg, der maßgeblichen Dienststelle für nationalsozialistische ­Kulturpolitik, geführt von einem der NSDAP-Chefideologen, Alfred Rosenberg. Ihre Arbeit galt in dieser Zeit einem Film- und Theaterlexikon im Stile ihrer Dissertation. Fertigstellen konnte sie es bis 1945 nicht. Mit der Niederlage der Nazis stellte sich für Frenzel, deren wissenschaftliche Arbeit ganz der NS-Ideologie verpflichtet war, die Frage: Was nun?

»Wir sind keine Entnazifizierungsbehörde«

In ihrer Familiengeschichte »Vergilbte Papiere« (1990) beschreibt Frenzel die Nachkriegszeit als »die Jahre des schwierigen Existierens und des ­Aufbaus einer beruflichen Wirksamkeit nach dem totalen Zusammenbruch«. Bereits kurz vor ihrer Promotion hatte sie Herbert A. Frenzel, damals Redakteur der Gauzeitung der Berliner NSDAP, Der Angriff, gehei­ratet. Das politisch belastete Ehepaar fand seine Chance für eine Karriere außerhalb der NS-Wissenschaft beim Verlag Kiepenheuer und Witsch, der ein Literaturlexikon herausbringen wollte: die »Daten deutscher Dichtung«.

Die Frenzels waren dankbar für die Chance und arbeiteten unter Hochdruck – bis 1951 ein Brief von Verleger Joseph Caspar Witsch bei den Autoren eintraf. Unter dem Titel »Morgenröte der Ges­trigen« hatte ein ­Artikel in der SPD-nahen Berliner Tageszeitung Telegraf Elisabeth Frenzels Arbeit während des Nationalsozialismus offengelegt. Witsch forderte eine Stellungnahme von Frenzel, sonst werde er die »Daten deutscher Dichtung« nicht verlegen.

Es war allerdings nicht Elisabeth Frenzel, sondern ihr Mann, der auf den Brief antwortete (Ausschnitte des Briefwechsels finden sich in Birgit Boges Buch »Über die Anfänge von Kiepenheuer und Witsch«).