Schulen in sozialen Brennpunkten

Das Problem heißt Rassismus

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Es ist die zweifelhafte Errungenschaft einer rechts und sozialdarwinistisch geprägten Debatte, wie man sie unter anderem Thilo Sarrazin verdankt, dass diese beiden Sorgen vermengt werden – weil es der Schule nicht gelingt, guten Unterricht anzubieten und die Kinder zu solidarischen Umgangsformen zu erziehen. Das nämlich gehört zu den Aufgaben einer Schule, zumal einer Grundschule; aber auch in den weiterführenden Schulen spielt soziales Lernen eine wichtige Rolle.

Deutsche und internationale Schulleistungsuntersuchungen belegen seit Jahren das durchschnittlich schlechtere Abschneiden von Grundschülern mit Migrationshintergrund. Doch ein hoher Anteil von Kindern mit Migrations­hintergrund muss kein Problem sein, wenn die Kita oder Grundschule damit umzugehen wissen.

Ein Beispiel dafür ist die Fichtelgebirge-Grundschule in Berlin-Kreuzberg, die sich an der Bildungsinitiative »Wrangelkiez macht Schule« beteiligt. Von einem beliebten Beispiel für die Schrecken sogenannter sozialer Brennpunkte entwickelte sie sich in den vergangenen Jahren zu einer Vorzeigeschule, mit Hilfe progressiver Lern­konzepte, sozialen Lernens, Demokratieerziehung, Trainings zu Gewaltfreiheit – und aufgrund eines Personalschlüssels, der in manchen Klassen die Anwesenheit von bis zu drei erwachsenen Personen erlaubt: Lehrerin, Erzieherin, Sozialpädagogin. So funktioniert die Inklusion aller Kinder, denn alle ­Kinder brauchen Inklusion. Und das kostet Geld.

Wenn Eltern also ihre Kinder nicht in die Einzugsschule schicken möchten, kann es dafür gute Gründe geben. In manchen Neuköllner Schulen unterrichten bis zu zehn Lehrkräfte, die Quereinsteiger sind, vorher also einen ­anderen Beruf ausgeübt haben. Quereinstieg funktioniert in Berlin so: Man stellt sich mit dürftiger Hilfe und Vorbereitung, die über einige Wochen Seminare und berufsbegleitende Angebote nicht hinausgeht, vor eine Klasse von 30 unmotivierten Kindern, die eventuell monatelang keinen geregelten Unterricht hatten, von wechselnden Lehrkräften betreut wurden, keine Bezugspersonen haben und denen ohnehin permanent vermittelt wurde, dass aus ihnen nichts werden kann. ­Berlinweit waren von 2 734 zum Schuljahr 2019/2020 eingestellten Lehrkräften nur 1 085 ausgebildete Pädagogen. Das entspricht 40 Prozent. Manche Quereinsteiger meistern die an sie gestellten Anforderungen großartig, andere kriegen Wutausbrüche und Heulkrämpfe. Einige brechen die angestrebte Karriere als Lehrerin oder Lehrer ab oder verzichten auf die Vermittlung des Lehrstoffs, um mit der Klasse zurechtzukommen.