Paul Simon hat sich an den Tatorten des Anschlags von Halle umgesehen

Geplanter Massenmord

Seite 4

Die Zahl der rassistischen und antisemitischen Straftaten in Sachsen-­Anhalt stieg 2018 insgesamt um etwa sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die mangelnde Selbstkritik der Landesregierung wegen ihrer falschen Gefahreneinschätzung werfe die Frage auf, »ob die Bereitschaft besteht, aus vergangenen Fehlern Lehren zu ziehen«, so Zentralratspräsident Schuster.

Matviyets stört, wie nach dem Terroranschlag alle, vom Ministerpräsidenten bis zum Bürgermeister, betont hätten, dass das ­Attentat nicht Halle, oder Sachsen-Anhalt zugeschrieben werden könne, weil diese weltoffen und vielfältig seien. Das stimme so eben nicht, meint Matviyets. ­Antisemitismus und Rassismus begegne man inmitten der Gesellschaft, auch in Halle.

Wie nach dem Terroranschlag mit organisierten Rechtsextremen in der Region umgegangen werden soll, ist strittig. Niemand verhinderte, dass die AfD am offiziellen Gedenken am Freitag mit dem Bundespräsidenten teilnahm. Das Zentrum und Wohnprojekt der »Identitären Bewegung« in der Adam-Kuckhoff-Straße liegt nur wenige hundert Meter von den Tatorten entfernt. Hier treffen sich rechtsextreme Ideologen, junge Neonazis, Burschenschaftler und AfD-Politiker (siehe Seite 18). Der Hallenser Neonazi Sven Liebich vermeldete noch am Tag der Morde auf Youtube: »Leute, ich lebe noch, habe keine Verfolgungsfahrt hinter mir und wollte einfach nur sagen, dass ich nichts mit dem Anschlag auf die Synagoge und den Dönerladen zu tun habe.« Liebich, der früher zum neonazistischen Netzwerk Blood & Honour ­gehörte, lacht dabei in die Kamera. Am Freitag störte er eine Gedenkveranstaltung auf dem Marktplatz mit einer rechtsextremen Kundgebung.