Der Film »Parasite« von Bong Joon-ho

Kunstblut und Klassenkampf

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Die Chance auf eine Verbesserung ihrer Lebensumstände ergibt sich, als ein Jugendfreund Ki-woo bittet, seine Nachhilfeschülerin Da-hye (Jung Ziso) zu betreuen, während er ein Semester im Ausland verbringt. Ki-woo gibt sich mit gefälschten Diplomen als Student aus, erhält den Hauslehrerjob und hat damit Zutritt zur Welt der vom Schicksal begünstigten Familie Park. In ihrer Villa lassen es sich die Parks auf Kosten ­anderer richtig gutgehen und die Bediensteten für sich schuften.

Im Untergeschoss einer Mietskaserne hausen die Kims.

Bild:
Koch Film

Vom ersten Augenblick an setzt Ki-woo nun alles daran, das Vertrauen nicht nur seiner neuen Schülerin, sondern ihrer ganzen Familie zu gewinnen. Psychologisch versiert und mit einem gewissen Maß an improvisierter Schauspielkunst gelingt es ihm, sich unentbehrlich zu machen. Mehr noch: Als er feststellt, dass der Sohn der Familie gerne malt, empfiehlt er Frau Park, ihren anstrengenden Sprössling durch eine gefragte Kunsttherapeutin fördern zu lassen. Bei der angeblich studierten Lehrerin mit dem besonders innovativen therapeutischen Ansatz handelt es sich allerdings um niemand anderes als seine arbeitslose Schwester. Frau Park zeigt sich jedoch von deren unkonventionellen Methoden beeindruckt und stellt sie als Maltherapeutin ein. Nach und nach schleust ­Ki-woo seine Familie in den Haushalt ein. 

Mit seiner Betonung von List und Familienzusammenhalt im Kampf gegen das Versinken im Elend erinnert »Parasite« einerseits an den ­japanischen Film »Shoplifters« (2018). Andererseits zeigt sich Bong Joon-ho ein weiteres Mal – mit nur geringfügigen Längen gegen Ende – als Meister des Genremixes. Neben sozialrealistischen Momenten stellt er an »Kevin – Allein zu Haus« (1990) erinnernde Komödienanteile und Suspense-Szenen, die wie bei Hitchcock genussvoll mit dem Wissensvorsprung des Zuschauers spielen. Und selbstverständlich kommt auch das Schwelgen im blutigen Exzess, wie es spätestens mit den Filmen Park Chan-wooks zu einem Signum des derzeitigen koreanischen Kinos geworden ist, nicht zu kurz.