Nach Protesten von Indigenen musste Ecuadors Präsident Lenín Moreno die Er­höhung der Treibstoffpreise zurücknehmen

Lenín lenkt ein

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Moreno reagierte hart. Er rief sofort den Ausnahmezustand aus und entsandte die Armee, um strategische Anlagen zu schützen und die Straßen freizuhalten. Im ganzen Land kam es zu Zusammenstößen der Protestierenden mit Polizisten und Soldaten. Indigene erklärten in ihren Gebieten ebenfalls den Ausnahmezustand und nahmen Soldaten fest. Die Repression wurde bald ein wichtiges Thema bei den Protesten. Nach zwölf Tagen zählte der nationale Menschenrechtsbeauftragte sieben Tote, 1 340 Verletzte und 1 152 Festgenommene.

Am 13. Oktober ging es dann überraschend schnell: Die angekündigten Verhandlungen zwischen den Indigenenverbänden Conaie (Konföderation der Indigenen Nationen Ecuadors), Feine (Rat der evangelikalen Völker und Organisationen Ecuadors) und der ­Fenocin (Nationale Konföderation der Organisationen der Kleinbauern, Indigenen und Afroecuadorianer) kamen tatsächlich zustande. Auf Verlangen der Verbände wurden sie im Fernsehen übertragen. Nach einer Beratungspau­se verkündete der UN-Vertreter noch am gleichen Abend das Ergebnis: Das Dekret 883 wird aufgehoben, die Proteste werden beendet und eine gemeinsame Kommission erarbeitet ein neues Dekret.

Erleichtert hat die Verhandlungen, dass die Regierung für die Gewalt immer Anhänger des ehemaligen Präsidenten verantwortlich gemacht hat und die Indigenenverbände sich erfolgreich gegen eine Vereinnahmung durch Correa verwahrten, der in Videobotschaften aus Belgien vorgezogene Neuwahlen forderte. Bei einem Sturz des Präsidenten wäre ein Wahlsieg eines rechten Kandidaten wahrscheinlich. Bei Moreno, der eine schwache Machtbasis hat, bestand die Chance, ihn zum Einlenken zu bewegen. Die haben die Indigenenverbände, die nach den zehn Jahren unter Correa als geschwächt und gespalten galten, genutzt und sich auf der politischen Bühne zurückgemeldet. Dabei haben sie immer betont, dass sie auch die Interessen anderer benachteiligter Bevölkerungsgruppen vertreten. Ob sie der Politik in Ecuador damit eine neue Richtung geben ­können, steht auf einem anderen Blatt.