Was kümmert mich der Dax

Emittieren lohnt sich

Wenn Anfang Dezember in Spanien die jährliche Klimakonferenz stattfindet, wird die meistdiskutierte Frage wohl sein, wie Greta Thunbergs Atlantiküberquerung zu bewerten ist. Aber selbst die Auflockerung des Konferenzrituals durch eine Brandrede Thunbergs ist schon Routine geworden. Wer etwas über die Klimapolitik im wirklichen Leben erfahren will, sollte etwas anderes verfolgen als den Verlauf der Konferenz. In deren abschließenden Tagen beginnt nämlich der Handel mit den Aktien des weltweit profitabelsten und umweltschädlichsten Konzerns: Saudi Aramco.

Es soll Flugscham geben, von Aktien­scham aber hat man noch nichts gehört. Niemand erwartet, dass die internationale Geschäftswelt die Aktien von Saudi Aramco boykottiert, weil der Ölkonzern allein für die Emission von 4,38 Prozent aller Treibhausgase seit 1965 verantwortlich ist. Nur der Zusammenschluss staatlicher chinesischer Kohleunternehmen übertrifft diesen Wert noch. Längst vergessen ist auch das Ärgernis, das der Dissident Jamal Kashoggi der Geschäftswelt bereitete, indem er sich von saudischen Agenten zersägen ließ, so dass man kurzzeitig eine gewisse Distanz zum mutmaßlichen Auftraggeber des Mordes, Kronprinz Salman, simulieren musste. Dieser ist de facto bereits Herrscher von Saudi-Arabien und damit auch von Saudi Aramco, denn der Konzern gehört dem Königshaus. Es handelt um das profitabelste Unternehmen der Welt, der Gewinn betrug im vorigen Jahr 111 Milliarden US-Dollar. Erwartet wird nun der profitabelste Börsengang aller Zeiten, obwohl nur ein bis zwei Prozent der Unternehmensanteile verkauft werden, aber auch die Details sind wichtig.

Das saudische Königshaus gibt den Wert des Unternehmens mit zwei Billionen US-Dollar an, Experten gehen von 1,2 bis 1,5 Billionen US-Dollar aus – nun wird der Markt entscheiden. Die Bewertung der Aktie ist auch eine Bewertung des Regimes, das die Kontrolle über den Konzern behalten wird. Doch der Kronprinz muss wohl nicht befürchten, dass der riskante Konkurrenzkampf mit dem Iran, in dem er keine gute Figur macht, der Kaufbereitschaft abträglich sein wird. Mag Russlands Präsident Wladimir Putin mit dem Iran verbündet sein, so haben russische Staatsfonds doch bereits Interesse am Erwerb von Saudi-Aramco-Aktien an­gemeldet. Auch auf chinesische Staatsknete kann der Kronprinz hoffen, die wichtigsten Investmentbanken der westlichen Welt wollen ebenfalls an diesem Börsengang mitverdienen. Offenbar erwartet niemand einen rasanten Schwund des Profits von Saudi Aramco, der eintreten müsste, wenn es ernst würde mit der Klimapolitik.