Rechtsextremistischer Anschlag in Frankreich

Ein mörderischer Rentner

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In den Wochen vor dem Anschlag war in vielen Medien eine Einwanderungsdebatte geführt und über das islamische Kopftuch und die »nationale Identität« diskutiert worden. Sicherlich gibt es in Frankreich Gruppen und Personen, deren Einwände gegen gesellschaftliche Erscheinungsformen des Islam nicht rassistisch motiviert sind, sondern auf universalistischen Vorstellungen beruhen. Tatsächlich wird in der derzeitigen Debatte – unter dem Deckmantel der Problematisierung von Ausdrucksformen des Islam – aber vor allem der Aufenthalt von Einwan­derern oder sogenannten fremdkulturellen Elementen in Frankreich verhandelt. Der billige Einwand, dies sei kein Rassismus, weil der Islam keine Rasse sei, kann darüber keineswegs hinwegtäuschen.

Im Privatfernsehsender CNews wurde am Tag nach der Tat stundenlang darüber debattiert, inwiefern »Multikulturalismus als Gewaltursache« zu betrachten sei und ob nicht die Einwanderungsgesellschaft Schuld daran ­trage, wenn es zu Konflikten und Gewalttaten komme. Als eifrige Mitdiskutantin präsentierte sich die junge rechtsextreme Journalistin Charlotte d’Ornellas, die für das Wochenmagazin Valeurs actuelles – in seinen Positionen ungefähr vergleichbar mit der Jungen Freiheit in Deutschland – tätig ist. D’Ornellas hatte kurz zuvor öffent­liche Aufmerksamkeit erregt, da sie in einer Talkshow zum Thema Gewalt gegen Frauen folgenden Satz beigesteuert hatte: »Katholiken prügeln ihre Frauen nicht.« Der verblüffte Modera­tor hatte daraufhin auf die Relevanz des Themas im katholisch geprägten Spanien verwiesen.

Wenige Tage vor dem Angriff von Bayonne hatte der französische Präsident Emmanuel Macron Valeurs actuelles im Präsidentenflieger ein Interview gegeben, in dem er unter anderem die am Mittwoch voriger Woche beschlossenen Verschärfungen des Einwanderungsrechts ankündigte. So sollen Asylsuchende ohne Papiere künftig während der ersten drei Monate in Frankreich von der Krankenversicherung ausgeschlossen bleiben.