Die Soziologin Cornelia Koppetsch wird für schlechtes Handwerk kritisiert, nicht aber für ihr Verständnis für die AfD

Deutschland steht Koppetsch

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Koppetsch nimmt die Sorgen und Ängste der AfD und ihrer Fans ernst, jedenfalls ernster als die der Menschen, die von Rassisten und Antisemiten verfolgt werden: »Seitens der Kosmopoliten wird dieser Aspekt (der vermeintlich drohenden Gefahr einer »Überfremdung«; Anm. d. Red.) zumeist als Fremdenfeindlichkeit gedeutet. Doch geht es dabei gar nicht primär um die Frage, wo fremde Menschen leben dürfen, sondern vor allem um die Befürchtung einer kulturellen Enteignung, einer gesellschaftlichen Usurpation des eigenen Lebensraums.« Es geht also nicht um Rassismus, sondern um die Angst, den eigenen »Lebensraum« zu verlieren. 

Am Schluss des Buches gibt Koppetsch freimütig Auskunft über einige ihrer Quellen: Sie bedankt sich bei ihren »Bekannten aus der AfD, die mir in vielen Diskussionen ihre gesellschaftlichen Sichtweisen dargelegt haben«. Ob zu diesen Bekannten auch Kai Borrmann gehört, der Sprecher der AfD Berlin-Mitte, und ob es sich bei ihm um einen ehemaligen Mitarbeiter Koppetschs an der Universität Darmstadt handelt, verriet die Autorin auf Nachfrage der Zeitschrift Konkret nicht.

Der Fall Koppetsch verdeutlicht, wann das deutsche Feuilleton eine Grenze überschritten sieht. So gerechtfertigt die Empörung über das Plagiieren auch sein mag, zeigt sich darin auch eine pedantisch-naive Wissenschaftsgläubigkeit eben jenes Feuilletons, die zudem ignoriert, wie sehr die unsorgfältig-populärwissenschaftliche Arbeitsweise dem Trend zur plakativen Zeit­diagnostik entspricht. 

Der eigentliche Skandal, dass Koppetsch mit diesem hastig zusammen­gewürfelten Aufsatz den rechten Terror verharmlost, seinen vermeintlich bürgerlichen Ausdrucksformen sogar das Wort redet, verschwindet hinter dem naserümpfend erhobenen Vorwurf, abgeschrieben zu haben.