Happy Birthday, Rosa von Praunheim!

»Ich bin ein alter weißer Mann«

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Die Diskussionen zu den Outings gingen weit über die schwule Szene hinaus. Vor allem wurde darüber diskutiert, ob man das darf, über die sexuelle Orientierung von Menschen ohne ihre Zustimmung öffentlich sprechen. Oder, ob man schwule Vorbilder braucht. Seit einer Weile gibt es einen Instagram-Account, auf dem behauptet wird, das dahinter ein schwuler Profifußballer steckt. Würde man wissen, dass einer der Fußballer in der ersten Bundes­liga ein Schwuler ist, sollte man ihn dann outen? Ist das etwas, was heutzutage, fast 30 Jahre später, in deinen Augen noch Sinn ergäbe?
Ich denke viel mehr, dass man in der bigotten katholischen Kirche schwule Priester, Bischöfe und Kardinäle outen sollte, die gegen LGBTIQs Stimmung machen, aber das müssen andere tun.

Auf einem Blog einer queeren ­Aktivistin ist zu lesen, dass du ein schlimmer alter weißer Mann seist. Das bezog sich auf deine Vorbereitungen für den Film »Überleben in Neukölln«. Trifft dich so etwas, wenn das von der Ver­treterin einer jungen politischen Generation kommt?
Ja, ich bin ein alter weißer Mann und habe kein Problem damit. Viele wissen gar nicht mehr, wie viel emanzipatorische Arbeit ich geleistet habe, und das gilt auch für viele andere alte weiße Männer. Jede Generation muss sich an der vorigen abarbeiten, das haben wir damals auch ­getan.

Du hast nicht nur als Professor für Regie an der Filmuniversität viele Nachfolger inspiriert, auch sonst legst du Wert auf den Nachwuchs, den du seit langem förderst. Axel Ranisch mit »Ich fühl mich Disco« muss man da allein schon anführen. Was war und ist das Zentrale, das du deinen Schülern mitgeben wolltest und willst? Was sollte ein Regisseur mitbringen?
Mein vorletztes Buch heißt »Wie wird man reich und berühmt?« und ist ein Leitfaden für Kreativität mit vielen praktischen Rezepten aus meiner Erfahrung als Hochschullehrer für Filmregie. Da steht alles drin. Ich sollte es selbst nochmal lesen, da ich das mit dem Reichtum bislang auch nicht geschafft habe.

Mit 77 Jahren kommt das Tuntenleben nochmal in Fahrt, habe ich gehört. Wohin geht Rosas Reise im 78. Lebensjahr?
Ich habe drei neue Filme gemacht, die 2020 ins Kino kommen. Im Januar kommt »Darkroom – Tödliche Tropfen«, der schon in mehrere Länder verkauft wurde und auf vielen internationalen Filmfestivals läuft. Im Herbst dann »Operndiven – Opern­tunten«. Und bis zu meinem 80. habe ich weitere Film- und Buch-ideen. Und wie man weiß, vergeht die Zeit schnell.

Am 28. November wird im Deutschen Theater in Berlin Rosa von Praunheims Stück »Jeder Idiot hat eine Oma, nur ich nicht« aufgeführt, anschließend findet Praunheims Geburstagsparty statt.