Die extreme Rechte in Südnieder­sachsen bleibt gefährlich

Kein ruhiges Hinterland

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Ein Teil der Gruppe hatte Göttingen »Ausgetobt« zufolge mittlerweile verlassen und wohnt im etwa 20 Kilometer nördlich gelegenen Northeim. Im Februar zeigten sich nach Angaben des Blogs Felix H. und Paul S., zwei Mitglieder der Clique, mit einem Transparent der extrem rechten »Kameradschaft Northeim« beim jährlich stattfindenden geschichtsrevisionistischen Trauermarsch in Dresden. Auf »Ausgetobt« veröffentlichte Fotos belegen, dass Paul S. im August auf einer Demonstration der AfD in Hannover das Transparent des AfD-Kreisverbandes Northeim trug. Nach Angaben des Blogs soll S. auch Mitglied der Partei sein, die in Göttingen vergleichsweise wenig reden von sich macht. Dem Göttinger Tageblatt zufolge ermittelt die Polizei gegen S., unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Auch ein alter Bekannter hat sich mittlerweile weitgehend aus Göttingen verabschiedet und seine Aktivitäten anscheinend endgültig ins Internet verlagert. Jens Wilke hatte in den vergangenen vier Jahren auf unterschiedliche Weise und mit nachlassendem Erfolg versucht, in Göttingen Fuß zu fassen. Wilke ist der Gründer des später in »Volksbewegung Niedersachsen« umbenannten rechtsextremen »Freundeskreises Thüringen/Niedersachsen«, der seit 2015 zahlreiche Kundgebungen in Göttingen und Umgebung veranstaltete. 2016 kandidierte Wilke bei der Landratswahl im Landkreis Göttingen für die NPD, im Mai trat er für die Republikaner bei der Europawahl an. Nach Angaben des Göttinger Tagblatts soll Wilke zwischenzeitlich mit der AfD sympathisiert haben. Zudem soll er eine Demonstration der neonazistischen Kleinpartei »Die Rechte« angemeldet haben, die im April in Göttingen stattfinden sollte, dann aber von den Neonazis abgesagt wurde. Mittlerweile gibt Wilke sich mit dem Internetprojekt »Ungetrübt Media« als Publizist.

Das Programm von »Ungetrübt Media« passt gut zu Wilkes bisherigem Wirken: Artikel über »Gutmenschen«, die »BRD-Stasi«, die »organisierte Umvolkung« und »links­ex­tremen Terror« finden sich neben langen, selbstdarstellerischen Live-Videos auf einem Blog sowie bei Facebook und Twitter. Mit journalistischer Arbeit hat das nichts zu tun, nach wie vor bemüht Wilke die immergleichen Parolen aus ­seiner Zeit als Anführer des »Freundeskreises«.

Kürzlich verurteilte das Amtsgericht Göttingen ihn zu einer Geldstrafe, weil er im März 2017 bei einer Rede vor dem Göttinger Kreishaus eine Verwaltungsmitarbeiterin des Landkreises Göttingen als »antideutsches Geschmeiß« ­tituliert hatte. Die Polizei erlaubte Wilke im Juli dennoch, bei einer von ihm ­mitorganisierten rechtsextremen Kundgebung in Northeim vor die Absperrgitter zu treten und Gegendemonstranten zu filmen, nachdem er lediglich ­einen von der Bundesinnenministerkonferenz nicht anerkannten Presseausweis vorgelegt hatte.