Ein neues Gesetz erleichtert ­diskriminierende Ermittlungen durch DNA-Analysen

Analysieren und diskriminieren

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Auch der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hatte die Legalisierung erweiterter DNA-Analysen kritisiert. In einem Brief an den Rechtsausschuss des Bundestags brachte Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats, seine Sorge zum Ausdruck, dass die erweiterten DNA-Analysen »Minderheiten mit bestimmten Merkmalen in den Fokus von Ermittlungen« rücken könnten. Unspezifische oder in einer Bevölkerung sehr verbreitete Merkmale sind nutzlos für Ermittlungen, weil sie den Kreis der Verdächtigen kaum eingrenzen. Durch die Fokussierung auf Minderheiten gerieten diese unter Druck und schon vorhandene Diskriminierung könnte verstärkt werden, befürchtet der Zentralrat.

Isabelle Bartram vom Gen-ethischen Netzwerk sagte der Jungle World: »Die Polizei wird keine Massengentests machen, bei denen sie nach einem mittelalten weißen Mann mit braunen Haaren sucht, das ergibt keinen Sinn. Wenn aber nach einer schweren Straftat alle Frauen mit schwarzen Haaren und dunkler Haut zur Teilnahme an einer DNA-Reihenuntersuchung aufgefordert werden, dann bleibt das bei den Leuten hängen.« 

In dem Gesetz heißt es zwar, es dürfe »in Fällen der möglichen Zuordnung der Spur zu Angehörigen einer Minderheit nicht zu einem Missbrauch dieses Umstandes im Sinne rassistischer Stimmungsmache oder Hetze kommen«. Dies ist aber nur ein Lippenbekenntnis, da das Gesetz keinerlei konkreten Bestimmungen dazu enthält.

Die »Wissenschaftliche Initiative zu Erweiterten DNA-Analysen« (WIE-DNA) geht in einer Stellungnahme davon aus, dass die Technologie »nur in wenigen, speziell gelagerten Fällen sinnvoll und weiterführend« angewendet werden könne. Die Initiative fordert eine Eingrenzung auf schwere Verbrechen, eine gezielte Ausbildung und Sensibilisierung der Anwenderinnen und Anwender sowie angemessenen Datenschutz. Dies alles sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Stattdessen wird es wohl zu Routineanwendungen der neuen Sequenziergeräte kommen, die jedes Bundesland anschaffen soll. Wer die Anwendungsqualität und den diskriminierungssensiblen Umgang mit den Ergebnissen garantieren soll, bleibt ­unklar.