Die CDU nach Merkel

Leipziger Burgfrieden

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Am Montag voriger Woche kritisierte Söder den vermeintlichen »Linkskurs« der Grünen. In Leipzig präsentierte sich der bayerische Ministerpräsident zwar wie ein Kanzlerkandidat in Wartestellung, die politischen facts of life gelten aber auch für Söder. Denn für eine schwarz-gelbe Koalition wird es kaum reichen. Nach der Umgruppierung im bürgerlichen Lager bleibt vor allem die Option einer »Jamaika-Koalition«. ­Darin könnten CDU/CSU und FDP sich allerdings in der Rolle des Juniorpartners wiederfinden. Sollte die SPD die Große Koalition vorzeitig verlassen, wären Neuwahlen wohl nur für die Grünen und die AfD aussichtsreich.

Wer in der CDU über eine Kooperation mit der AfD nachdenkt und, wie es in einem Ende Mai veröffentlichten Papier von Unionspolitikern aus Sachsen-Anhalt hieß, das »Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen« gedenkt, dem zeigte Kramp-Karrenbauer die parteiinternen braunen Linien auf. »Das sind die Brandstifter, wir dürfen nicht diejenigen sein, die die Streichhölzer geben«, sagte sie in ihrer Rede. Inzwischen haben sich führende Politiker der Union derart rigide von den völkischen Nationalisten abgesetzt, dass jedwede Kooperation mit der AfD einer Selbstzerstörung der Christdemokratie gleichkäme. »Höcke ist für mich ein Nazi und die AfD mit ihm auf dem Weg zur NPD 2.0«, schrieb der CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak Anfang des Monats in einem Gastbeitrag für den Spiegel. Zwar waren die Rechtskonservativen etwa von der »Werteunion« durchaus Thema in den Leipziger Reden, sie blieben aber nur der Schatten der derzeitigen CDU-Führung. Deren Kritiker stellen sich noch auf Kompromisse ein. Der JU-Vorsitzende Tilman Kuban, der gerne die hemdsärmelige Rolle des kernigen Konservativen gibt, warb um Verständnis dafür, dass die von ihm geführten Jungs gelegentlich »etwas lauter« agierten. Für den Kreis um Merz und Kuban war der Leipziger Parteitag nur der Probelauf für den für die Kanzlerkandidatenfrage entscheidenden Parteitag im kommenden Jahr.

Die Forderung nach einer Urabstimmung über die Kanzlerkandidatur wurde in Leipzig abgelehnt. Der Erstzugriff der Parteivorsitzenden auf die Kandidatur wurde nicht in Frage gestellt. In Sachen Basisdemokratie gilt weiter die Losung »Keine Experimente«. Nicht geklärt wurde jedoch, wie sich die CDU außerhalb der Großen Koalition positionieren oder gar nach dem bevorstehenden Ende der Kanzlerschaft Merkels neu erfinden kann. Und so blieben, als nach der Aufführung des Leipziger Burgfriedens der Vorhang fiel, die entscheidenden Fragen offen.