Homestory #50

Homestory

Wo Jungle World draufsteht, ist natürlich auch Jungle World drin. Leider schaffte es aber niemand aus der Redaktion am Wochenende zu »Stolz und Vorurteil«, dem »Kongress zu Identitätskonzepten und deren Fragwürdigkeiten«, zu dem die Hamburger Radioredaktion 17grad in das Münchner DGB-Haus geladen hatte. Immerhin war die Jungle World als Medienpartnerin durch zahlreiche Autorinnen und Autoren und mutmaßlich durch noch mehr treue Leserinnen und Leser auf den Podien und unter den Teilnehmenden vertreten.

Besonders angetan berichtete eine Autorin, die zuvor selbst vorgetragen hatte, vom abschließenden Podium mit der Soziologin Paula-Irene Villa Braslavsky, dem Wiener Psychoanalytiker Sama Maani und Max Czollek vom Herausgeberkollektiv der Zeitschrift Jalta – Positionen zur jüdischen Gegenwart. Moderiert von Sebastian Voigt vom Münchner Institut für Zeitgeschichte diskutierte man unter anderem darüber, ob sich »kollektive Fremdzuschreibungen und die damit verbundenen Ausgrenzungserfahrungen umdrehen und emanzipatorisch wenden lassen«.

Czollek habe gefordert – so berichtete unsere Autorin –, dass »die Antideutschen eine Allianz mit der postmigrantischen Bewegung« eingehen müssten. Die einen hätten, so Czollek, die Theorie, und die anderen die Leute. Spätestens in 20 Jahren seien ohnehin alle Jugendzentren in Deutschland schon rein demographisch postmigrantisch, darauf müsse sich die Linke einrichten – oder sie könne einpacken.

Der Begriff der Allianz erfreut sich in bestimmten eher identitätspolitisch inspirierten feministischen und antirassistischen Kreisen besondrer Beliebtheit. Da spricht man regelmäßig von allies, wenn von Menschen die Rede ist, die den Unterdrückten in ihrem Kampf gegen Patriarchat und Postkolonialismus beistehen. Das Wort klingt allerdings auch ein bisschen nach Zweitem Weltkrieg, als ein paar ideologisch eigentlich inkompatible Alliierte einen gemeinsamen Gegener, die faschistischen Achsenmächte, niederrangen – oder etwas näher an der Gegenwart: nach Nato-Bündnisfall.

Vermutlich ist die Rede von allies im Szenejargon auch immer schon ein bisschen so gemeint. Da geht es meist um das Verhältnis zwischen Menschen, die sich trotz Unterschieden bezüglich ihres Geschlechts, ihrer Privilegien oder ihrer Herkunft miteinander verbünden. Reife Leistung! So angesagt und trendy Allianzen auf den ersten Blick erscheinen: Bei genauerer Betrachtung hängt ihnen immer etwas vom kalten Pragmatismus einer Kosten-Nutzen-Rechnung an. Vielleicht tut es die gute alte Solidarität ja auch.