Homestory #1

Homestory

Feiertage schlagen auf den Magen. Arbeitgebern sowieso, denn die ärgern sich, dass der Arbeitspöbel bezahltermaßen zu Hause bleibt und ungesunde Sachen in ungesunden Maßen isst und trinkt. Das wiederum schlägt bekanntlich den Arbeitnehmern auf den Magen. Nun, ganz so schlimm wie einst unter Kohl scheint es nicht mehr zu sein – jedenfalls dreht sich nicht mehr wie dunnemalen jeder zweite Werbespot, den man in der Jahresendzeit zu sehen bekommt, um mehr oder weniger probate Mittelchen gegen Überfressenheit beziehungsweise postalkoholische Malaise: Alka-Seltzer, Bullrichsalz, Underberg et cetera.

Und doch kursieren diverse Methoden, den Konsequenzen der Feiertage zu begegnen, auch in der Redaktion Ihrer kleinen, feinen Wochenzeitung. Der Kollege aus dem Feuilleton beispielsweise hat schon wochenlang vorgebaut, um mit den Produkten einer Drogeriekette körpereigene Depots an Mineralstoffen und allerlei anderem Unscheinbaren, aber Lebenswichtigen aufzubauen. Seine bange Frage lautete daher: »Kann Kamille auch süchtig machen?« Wir werden ihn jedenfalls im Januar genau beobachten. Der Kollege aus dem Inland hingegen schwört auf Abhärtung: Er verzichtete wochenlang auf die heimische Heizung. Naja, nicht ganz freiwillig, eigentlich war es seine Hausverwaltung, die ihm diese zweifelhafte Prophylaxe verpasst hat.

Doch das eigenartigste aller Mittelchen liegt in der Redaktionsküche: Es handelt sich um kleine Beutel, mit denen man sich, so sagt es die Packung, »Einhorntee« brauen kann. Die Beilage preist den angeblich mit »Sternenstaub« gesüßten Sud so: »Der magische Trank schimmert in einem zarten Rosa und schmeckt einfach regenbogentastisch.« Auf Nachfragen unter den Kolleginnen und Kollegen, die allerdings in jüngster Zeit selten vollzählig zusammenkamen (immer diese Feiertage!), fand sich bislang niemand, der den Sagendrink tatsächlich im Selbstversuch ausprobiert haben will. Falls es so weit kommen sollte, informiert Sie eine der nächsten Homestorys über eventuell auftretende Wirkungen und Nebenwirkungen.