Quarantäne und Menschenrechte

Das Leben der anderen

Der Dax kriegt 'ne Epidemie
Was kümmert mich der Dax Von

Im Genre des Seuchenfilms ist die ethisch gebotene Handlungsweise meist auch die lebensrettende. So verhindern in »Andromeda« kluge Wissenschaftler im letzten Moment, dass der US-Präsident durch einen Atombombenabwurf dem tödlichen Mikroorganismus die Energie für eine globale Verbreitung zuführt. In »Outbreak« verhindert ein entschlossener Virologe die Bombardierung der Infizierten, nur deshalb kann ein Heilmittel gefunden und eine Pandemie abgewendet werden. Im wirklichen Leben sind die Dinge leider etwas komplizierter. Es gab den mutigen Arzt, der früh vor den Gefahren des neuen Coronavirus warnte und deshalb von einem autoritären Regime gemaßregelt wurde. Er hieß Li Wenliang und starb am 7. Februar an den Folgen der Infektion mit diesem Virus, das sich, ob man es nun Pandemie nennen mag oder nicht, in der Welt verbreitet hat.

Es ist offensichtlich, dass aufgrund der wochenlangen Verheimlichung der Gefahr wertvolle Zeit verlorenging und die Absperrung Wuhans effizienter gewesen wäre, wenn nicht mehrere Millionen Menschen in diesen Wochen die Stadt bereits verlassen hätten. Dann aber kommt man zu den unbequemen Fragen. Die Quarantäne ist nicht nur eine Einschränkung der Bürgerrechte, sie setzt die Menschen, sofern sie nicht einzeln untergebracht werden können, auch einem erhöhten Infektions- und Todesrisiko aus. Menschen müssen sterben, um eine mutmaßlich weit höhere Zahl von Menschen vor dem Tod zu schützen – wenn Gefahren und Infektionswege korrekt kalkuliert wurden. Gänzlich abriegeln lässt sich eine Provinz mit mehr als 50 Millionen Einwohnern wohl auch in einer Diktatur nicht, man kann durchschlüpfen oder sich den Weg freikaufen. Das gilt erst recht für ein ganzes Land, dennoch hätte eine rechtzeitige Einstellung des Flugverkehrs möglicherweise die globale Verbreitung gebremst.

Anlass für Kapitalismus- und Staatskapitalismuskritik gibt es genug. So benötigt das Gesundheitssystem Überkapazitäten und Vorräte, um auf Epidemien vorbereitet zu sein – doch das ist weder in Deutschland noch in China vorgesehen. Die Todesfälle im chinesischen Gesundheitssektor deuten zudem darauf hin, dass wegen der hohen Virenbelastung beim Umgang mit Infizierten Schutzanzüge nötig wären; man bezweifelt, dass Jens Spahn schon welche bestellt hat. Einige heikle ethische Fragen über das Verhältnis von individuellen Rechten und dem Schutz der Gesellschaft, die wohl nicht zufriedenstellend beantwortet werden können, würden sich aber ebenso in einer sozialistischen Gesellschaft stellen, die ja keine Immunität gegen Viren garantiert.