Jan Mohnhaupts Sachbuch "Tiere im Nationalsozialismus"

Tiere in der Volksgemeinschaft

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Hitlers angebliche Hundeliebe und sein Vegetarismus gehören fest zum Repertoire der deutschen Anekdoten über den Nationalsozialismus. In der Geschichtsschreibung jedoch stellt die Rolle der Tiere im »Dritten Reich« einen bisher vernachlässigten Aspekt dar. Das zumindest behauptet der Journalist Jan Mohnhaupt in seinem neuen Buch, das sich der Bedeutung der Tiere im Alltag und der Ideologie des Nationalsozialismus widmet.

»Tiere im Nationalsozialismus« versteht sich als »historische Reportage«. Gestützt auf Tagebücher, Fachzeitschriften, Schulfibeln, Propagandamaterial und Experteninterviews verbindet das gut 200 Seiten umfassende Buch historische Fakten mit fiktiven Elementen. Mohnhaupts Großmutter spielt dabei ebenso eine Rolle wie ein indoktrinierter Hitlerjunge namens Hans oder der leidenschaftliche Jäger Hermann Göring. Auch der von den Nationalsoziallisten verfolgte Literaturwissenschaftler Victor Klemperer findet Erwähnung. Am Schicksal von Klemperers Katze »Muschel« wird das Haustierverbot anschaulich gemacht, das die Nationalsozialisten 1942 für Juden und andere aus der »deutschen Volksgemeinschaft« Ausgeschlossene einführten.
Doch Mohnhaupts Konzept funktioniert nicht. Es fehlen die wissenschaftliche Systematik und vor allem ein roter Faden. So interessant sich das Buch in Teilen liest, es verliert sich allzu oft in überflüssigen Anekdoten und langatmigen Beschreibungen.

Die Gräueltaten des Dritten Reiches rückt Mohnhaupt keineswegs in den Hintergrund. Das wird etwa deutlich, wenn der Einsatz von Deutschen Schäferhunden in Mauthausen, Ravensbrück und Treblinka oder der antisemitische Kern des nationalsozialistischen Schächtverbots beschrieben werden. Auch die dehumanisierende Darstellung von Juden als Ratten im antisemitischen Propagandamachwerk »Jud Süß« wird thematisiert. Doch letztlich misslingt es dem Autor, diesen Schrecken sprachlich angemessen darzustellen und ihn systematisch zu analysieren.

Jan Mohnhaupt: Tiere im Nationalsozialismus. Hanser, München 2020, 256 Seiten, 22 Euro