Homöopathie für Hunde

Auf drei Beinen

Cocolumne Von

Eine schlimme Bande, diese »Coronaleugner«. Tatsächlich! Da sind sie wieder alle, die Wahnwichtel und Wutbürger, die Querfrontler, Impfgegner, Berufsveganer, Aluhüte und Lügenpresseschreier. Das bedeutet aber nicht, dass im Umkehrschluss alle, die sie kritisieren, koscher wären. Es ist ja löblich, »die Wissenschaft« gegen Ideologie und Verschwörungsmythen zu verteidigen, allerdings: Zu glauben, es gebe eine ideologiefreie Wissenschaft, ist, nun ja, unwissenschaftlich. Und wenn diese noch dazu heute sagt, man solle keinen Mundschutz tragen, morgen aber, man solle; heute sagt, Raucher seien besonders gefährdet, morgen aber, Nikotin schütze vor einer Ansteckung, und so weiter, dann offenbart dies keine Weltverschwörung, sondern ganz im Gegenteil, dass Wissenschaft im besten Fall eine nach Wahrheit suchende, im schlechteren, dem Normalfall, eine nach einer ganz bestimmten Wahrheit suchende, aber ganz sicher keine die Wahrheit kennende Disziplin ist. Anders gesagt: Wer die Wahrheit kennt, hat aufgehört, Wissenschaftler zu sein. Gilt nicht nur für Corona. Aber was soll’s, solange ausgebildete Mediziner einem auf drei Beinen kläglich daherhumpelnden Hund ein homöopathisches Mittel verschreiben, muss mir keiner kommen mit: Hört auf die Wissenschaft!

So geschah es neulich. Denn Coco hat sich eine Pfote verletzt, als sie ungestüm durchs Tegeler Fließ tollte, vergnügt halb laufend, halb springend im Irrsinnstempo über dünne Äste einen Morast überqueren, ja eher überfliegen wollte – da stürzte sie, überschlug sich mehrfach und ist nunmehr mit einer Kapselverletzung im Homeoffice. Oder sagen wir: im Homeschooling. Endlich Zeit und Muße, ihrer Bestimmung gemäß das Trüffelsuchen zu erlernen. Mit in der Wohnung versteckten Trüffeln. Klappt schon, mächtig hinkend zwar, aber sonst ganz gut.

Lernt Ihr Hund auch irgendetwas? Ich spreche Sie so direkt an, weil ich nach Sichtung meiner Facebook-Timeline davon ausgehe, dass sich während der Coronazeit nunmehr jede und jeder einen Vierbeiner zugelegt hat. Selbst linke Verleger posieren dort nun mit ihrem Chihuahua (siehe Seite 18). Ich find’s gut. Wir sehen uns dann beim Tierarzt. Oder besser auf dem Hundeauslaufplatz, wenn Coco hoffentlich bald wieder gesund ist.

Übrigens, keine Sorge: Coco wurde auch geröntgt und abgetastet, verbunden und so weiter, echte Schmerztabletten gab es auch, sie wurde also nicht komplett der Scharlatanerie überlassen. Aber die 17 Euro für die Zuckerpillen der Homöo-Pharmaindustrie standen dennoch auf der Rechnung. Und da fängt man als aufgelöster Hundebesitzer nicht an zu diskutieren, wenn das leidend dreinblickende Tierchen gerade aus dem Röntgengerät kommt. Tja. Und zack. Schon ist man selbst Teil der antiaufklärerischen, postfaktischen Chose und hat sich schon fast so sehr disqualifiziert wie ein Coronoaleugnerkritiker.