Die Agentenkomödie »Mossad«

Der nackte Mossad

Die Entführung eines US-amerikanischen Tech-Milliardärs in Israel lässt den Geheimdienst rotieren: Alon Gur Arye parodiert in seiner Komödie »Mossad« sämtliche Agentenklischees. Richtig lustig ist das nicht.

Der Chef des Mossad hat einen Traum: Zu gern möcht Haim (Ilan Dar) am Unabhängigkeitstag auf dem Jerusalemer Herzlberg eine der zwölf Fackeln entzünden. Diese besondere Ehre wird nur verdienten Persönlichkeiten zuteil. Keiner seiner Vorgänger wurde als Fackelanzünder ausgewählt, denn die Agententätigkeit hat ihre Tücken. Und so ist es bislang keinem Spion von Rang gelungen, seine Dienstzeit ohne Skandale und anschließendem Rauswurf zu beenden. Doch der in die Jahre gekommene Haim glaubt, die perfekte Strategie gefunden zu haben, um sich einen ehrenvollen Abgang zu verschaffen. Wer nichts macht, macht auch keine Fehler – nach diesem Motto ordnet er weder irgendwelche Aktionen an noch führt er Operationen durch. Damit kommt Haim auch dem Wunsch seiner Ehefrau entgegen, die ihn ganz gern zu Hause haben möchte. Ohnehin scheint der Geheimdienst durch die Allgegenwart und Mobilität von Überwachungstechnologien überflüssig geworden zu sein.

Das zumindest behauptet der US-amerikanische Tech-Milliardär und spendable Freund Israels, Jack Sattelberg (Nitzan Sitzer), der im Besitz eines sagenhaften Smartphones ist, das sämtliche Datenströme dieser Welt kontrolliert. Weshalb er beim offiziellen Empfang in Jerusalem prompt von Terroristen der Organisation RBG (»Real Bad Guys« oder »Richtig Böse Ganoven«) entführt wird.

Wie sich herausstellt, handelt es sich bei der Gruppe um die militärische Avantgarde des entrechteten und prekarisierten Proletariats an den Werkbänken des globalen Kapitalismus. Die Mitglieder wollen sich am bösen Westen rächen und drohen, weltweit den Mobilfunk lahmzulegen. Schon eine zweiminütige Demonstration ihrer Möglichkeiten versetzt die Welt in Panik.

Jetzt kommt der ehemalige Agent Guy Moran (Tsahi Halevi) ins Spiel. Guy musste den Dienst quittieren, weil er seine letzte Mission gründlich vermasselt hatte. Seither ist Moran Wachmann vor einer Hüpfburg für Kinder und träumt von einer Rückkehr in den Geheimdienst. Als er erfährt, dass Sattelberg auf einer Geschäftsreise in Israel entführt worden ist, sieht er seine Chance gekommen und greift ein. Da auch die CIA-Agentin Linda Harris (Efrat Dor) auf den Entführungsfall angesetzt wird, kommt es zum Duell der beiden Geheimdienste beziehungsweise ihrer Mitarbeiter.

Der als »durchgeknallte israelische Agentenkomödie von den Freunden der Macher der ›Nackten Kanone‹« beworbene Film »Mossad« von Alon Gur Arye besitzt damit alle Möglichkeiten, ein Feuerwerk grotesker Satire zu zünden. Schon im Vorspann deutet sich aber an, dass er sich in der Hauptsache an alten Bond-Klischees abarbeitet. Spätestens seit Daniel Craig im Dienst seiner Majestät steht, was nun auch bereits seit 14 Jahren der Fall ist, zerpflückt das Original das Image seines Protagonisten und des Geheimdiensts wesentlich mitleidloser, als eine halbherzige Parodie das vermag. Zumal sich die Witze­leien um den geschniegelten Ex-Agenten ständig um das Klischee des ein­samen Kämpfers drehen: Keine Frau will verstehen, dass Guy in Bars und Restaurants all die Bösewichte nur aus Pflichtgefühl verprügelt. Dabei würde er doch lieber ganz normale Dinge tun, etwa sein Essen fotografieren. Und dann ist da noch der frühe Tod seiner Eltern, die starben, als sie versuchten, alle »Simpsons«-Folgen hintereinander zu sehen. Selbst als Parodie ist das reichlich lahm. Leider fehlen der Hauptfigur die stoische Arroganz und gemeingefährliche Schusseligkeit des von Leslie Nielsen gespielten Lieutenant Frank Drebin in »Die nackte Kanone«. Auch die Skurrilität, mit der Rowan Atkinson seinen »Johnny English« ausgestattet, vermisst man geradezu schmerzlich.

Nicht nur geizt das Drehbuch mit Ideen, der Inszenierung mangelt es zudem am nötigen Timing. Einzelne Dialoge enden zwar recht hübsch in albern-unüberbrückbare Gegensätzen und nicht auflösbaren Endlosschleifen. Die Pointen allerdings sind viel zu vorhersehbar oder konstruiert, als dass sie tatsächlich Wirkung entfalten könnten. Lacher sollen vor allem durch Fäkalhumor, Metaebenen-Klamauk, akzentbedingte Sprachfehler oder Sexismusklischees erzielt werden. All das ist auf der Leinwand schon deutlich radikaler in Szene gesetzt worden. Hinzu kommt, dass der bissige Witz nur schwer mit einem Plot zusammenpasst, der letzten Endes auf die Übel der Welt deuten will, ohne jemanden zu erschrecken.

»Mossad« wirkt wie der vom ­Geheimdienst-Cheferfinder erschaffene Aaron-Man (»halb Maschine, halb Jude«), ein aus allen möglichen Schrottteilen zusammengefügtes und dennoch immer zahnpastawerbungsmäßig sauberes Monstrum, das in seiner Lächerlichkeit viel zu traurig wirkt, als dass das Publikum darüber tatsächlich herzhaft lachen könnte.

Mossad (Israel 2019). Regie: Alon Gur Arye. Darsteller: Tsahi Halevi, Efrat Dor, Tal Friedman, Ilan Dar. Kinostart: 13. August