Ein Besuch bei Herbert Grönemyer

»Lieber Millionär, gib das Fördergeld jetzt her«

Herbert Grönemeyer unterstützt Künstler in der Coronakrise.
Die preisgekrönte Reportage Von

»Und die Kunst heißt Kunst, weil sie willst und weil sie wulst, / weil sie liebt und sich versiebt, / und es ständig Fördergelder gibt.« Zarte, wehmütig schmelzende Klänge sind es, die durch die Gänge des ehemaligen Kinos wehen. Vor der Leinwand steht der Maestro persönlich: Herbert Grönemeyer, mit seiner neuen Band, Herbert’s Hermits. »Ich habe sie selbst zusammengestellt«, sagt Grönemeyer, »aus lauter Musikern, ­deren Impulse in der Krise fehlen, Musiker, die mindestens so system­relevant sind wie Volkswagen, True Fruits oder Heckler und Koch!« Es sind Künstler wie Nena, Helene ­Fischer, Andreas Bourani und Xavier Naidoo, deren Stimmen in der ­Pandemie beinahe untergegangen wären.

Hier, an der neugegründeten »Grönemeyer Financial School of the Arts«, die der Extremsänger in einem Geisterkino in Köln-Rodenkirchen eröffnet hat, lernen Künstlerinnen und Künstler, mit der Belastung durch Corona zurechtzukommen, sowohl ästhetisch als auch finanziell. »Lieber Millionär, / gib das Fördergeld jetzt her, / damit auch ich zum Lidl kann. / Hab dich bitte nicht so, Mann«, holpert Camillo R. aus der Abschlussklasse. Grönemeyer ist noch nicht zufrieden: »Ein Lied ist das beste Antragsformular, das wir Künstler ­haben. Nur sind bei dir noch ein paar Felder nicht ausgefüllt.« Camillo wird rot und beugt sich nochmal über die Notenblätter.

Mit seinem offenen Brief in der Zeit hat der bekannte Rockmusiker und »Mensch« Herbert Grönemeyer einen wichtigen Gedanken in die Debatte eingebracht: Deutschland braucht Künstler, weil sie ein wichtiger Wirtschaftszweig sind, deswegen müssen Millionäre ihnen jetzt Geld geben. Aber Grönemeyer will es nicht bei moralischen Appellen belassen. »Die Grönemeyer School soll Künstlern beibringen, wie sie ihre eigene Systemrelevanz stärker ausstellen und mehr Millionäre auf sich aufmerksam machen.« Camillo versucht es mit ­einem neuen Song: »Ich schaff’ nicht bei Trigema, / ich schaff’ nicht bei der Bahn, / doch schaff’ auch ich für Deutsch­land / will dafür Knete han’!« Grönemeyer grinst, schnippt mit den Fingern den Rhythmus. Eins mit Stern!

Klar ist: Die Kunst, sie wird irgendwie überleben. Leider.

 

Aus der Urteilsbegründung: Leo Fischers preisgekrönte ­Reportagen sind in hohem Maße fiktiv. Ähnlichkeiten mit realen Personen und Geschehnissen sind unbeabsichtigt.