Lee Cain ist nicht länger Boris ­Johnsons Kommunikationsdirektor

Gerangel in der Downing Street

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Dass seine Karriere diese Wendung nehmen würde, hatte Lee Cain sicher nicht geglaubt. Bis vergangene Woche war der ehemalige Journalist als Kommuni­kationsdirektor des britischen Premierministers Boris Johnson tätig, nun ist er seinen Posten los. Am Mittwoch voriger Woche gab Cain bekannt, sein Amt Ende dieses Jahres aufzugeben. Gründe hierfür gab er nicht an. Am Tag darauf folgte der nächste Paukenschlag: Dominic Cummings, der Chefberater Johnsons, sagte der BBC, er werde den Dienst in 10 Downing Street Weihnachten quittieren. Tatsächlich verließ er den Sitz des Premierministers bereits am Freitag voriger Woche. Dem Guardian zufolge hatte Johnson Cummings und Cain am selben Tag aufgefordert, ihre Ämter unverzüglich aufzugeben. Beide waren wichtige Figuren der Brexit-Kampagne »Vote Leave«.

Es sieht so aus, als hätten Machtkämpfe in der Downing Street zu den Rücktritten geführt. Am Dienstag voriger Woche hatten anonyme Tippgeber der Times gesteckt, Johnson habe Cain angeboten, diesen zu seinem neuen Stabschef zu machen. Kurze Zeit später hieß es, Johnson habe das Angebot zurückgezogen. Später behaupteten Parlamentsabgeordnete gar, Cain selbst habe The Times gesagt, Johnson habe ihm den Posten angeboten, um zu erreichen, dass Johnson ihn dann auch tatsächlich zum Stabschef macht. Nach dem Times-Bericht hatten unter anderem Allegra Stratton und Johnsons Verlobte Carrie Symonds Johnson aufgefordert, Cain nicht zum Stabschef zu ernennen. Johnson hatte die ehemalige Journalistin Stratton, eine Freundin von Symonds, kürzlich zu seiner Pressesprecherin gemacht. Cain war wütend über Strattons Ernennung zur Pressesprecherin, unter anderem weil er fürchtete, diese könne größeren Einfluss auf den Premierminister haben als er selbst.

Was am Freitag voriger Woche in 10 Downing Street geschah, ist nicht ganz klar. Nach Medienberichten forderte Johnson Cummings und Cain zum sofortigen Rücktritt auf, weil diese Informationen durchgestochen hatten. Dass sich durch ihre Rücktritte etwas an der Brexit- oder Covid-19-Politik der britischen Regierung ändert, ist unwahrscheinlich. Schließlich ist Boris Johnson immer noch im Amt.