Jungle+ Artikel 03.12.2020
Die Geschichte des Videoaktivismus

Bewegungsbilder

Aktivistische Videos haben sich zu mächtigen Mitteln der politischen Auseinandersetzung entwickelt. Historische Vorbilder finden sich ebenso in der Geschichte des politischen Dokumentarfilms wie im Konzept von Gegenöffentlichkeit oder im Kampagnenjournalismus.

Aktivistische Videos in den sozialen Medien erscheinen als ein noch ­relativ neues Phänomen – tatsächlich aber ist es geprägt von einer langen Vorgeschichte politischer Filmpraxis. Ein Rückblick auf diese Geschichte ist hilfreich, um die Kontinuität und den Erfahrungsreichtum politischer Film- und Videoarbeit herauszustellen, aber auch, um das Neuartige des Videoaktivismus im Social Web besser einschätzen zu können. So lassen sich vergessene Wissens- und Praxisformen freilegen, die es verdienen, wiederentdeckt zu werden, um eine neue Generation von ­Videoaktivisten und -aktivistinnen zu inspirieren.

Die Formen des gegenwärtigen Videoaktivismus folgen höchst unterschiedlichen historischen Vorläufern – dem politischen Dokumentarfilm, dem Fernsehjournalismus, der Aktionskunst, dem Videoclip, der Agitprop, auch der PR und der Werbung.Die Vielfalt dieser Wurzeln zeitigt ein fortdauerndes Spannungsverhältnis. Die auseinanderstrebenden Ziele der Aufklärung, der Persuasion und der Kunst konfrontieren die politische Filmarbeit mit widersprüchlichen Anforderungen und Strategien: Sie zielt darauf, Öffentlichkeiten zu bilden, Formen einer anderen, widerständigen Ästhetik zu entwickeln und Antworten auf ethische Fragen zu finden. Viele frühere und einige heutige Film- und Videobewegungen lassen sich der politischen Linken zuordnen und folgen einer Utopie alternativer Öffentlichkeiten mit ­gemeinsamen politischen Anliegen. Das Wissen um die Grenzen der ­eigenen Macht gegenüber der herrschenden Ordnung oder den Inte­ressen des Kapitals eint sie ebenso wie das Vertrauen in die mobilisierende Kraft bewegter Bilder im Kampf um gesellschaftliche Veränderungen. Diese Frage nach Kollektivität und »Gegenöffentlichkeit« ist verbunden mit der Frage nach Ästhetiken jenseits des Mainstreams, die zugleich alternative Sicht- und Lebensweisen vermitteln.

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